Spalt, den 05. August 2020 – Genußgarantie – und daß in mehrfacher Hinsicht. Ein genußreiches Wandererlebnis ist garantiert, wenn man sich aufmacht in das fränkische Seenland, dort wo feinster Aromohopfen gezogen wird, dort wo die einzige deutsche kommunale Brauerei angesiedelt ist, dort wo der Braumeister, ein Hexenmeister seiner Zunft, ein prachtvolles Bier braut, und dort wo eine herrliche Kultur- und Naturlandschaft auf mehr als 360 Wanderwegskilometern entdeckt werden möchte. Die Rede ist von Spalt in Mittelfranken.
Wohlweislich sollte man den Streckenverlauf in der Region unter Berücksichtigung der zahlreichen Einkehrmöglichkeiten einplanen. So starte ich am Wittelsbacher Hof in Spalt, dort wo bereits zu wanderstartfreundlichen Zeiten ab 07:00 Uhr das Frühstück bereit steht und dort wo drei mächtige Hopfenhäuser die Einfahrt zur Langen Gasse flankieren. Richtung Norden geht es der Beschilderung Müllersloch und Massendorfer Schlucht folgend in den weitreichenden Kieferwald. Die Region ist reich an wildromantischen Räth- und Versturzschluchten. Der Durchgang durch das Müllersloch ist nach dem regnerischen Vortag durchaus tricky – glücklicherweise kann man sich an einer Stelle an freigelegten Baumwurzelkanälen herunterhangeln. Oberhalb der Massendorfer Schlucht geht es in ausladenden Schleifen auf sehr angenehmen Pfaden durch den schattenspendenden Wald. Raus aus dem Wald – rein in den Hopfen, so die Devise der nächsten Kilometer. Noch sind es gute drei Wochen bis die Hopfenernte startet – aktuell ist das warme Sommerwetter für die Ausdoldung ein wahrer Segen. Trockene Sommer sind dabei ein Garant für gute Aroma- und Bitterwerte.
Olfaktorisch gesehen ist die Spalter Region ein Paradies. Kiefernwälder die die Geruchsknospen kalibrieren, ein angenehmer würziger Hopfenduft der die Nasenflügel ummantelt und wer bei einem frisch gezapften Spalter Hellen vor dem Antrinken eine Geruchsprobe aufnimmt hat eine formvollendete Aromaprobe hinter sich. Vor der ersten Aromaprobe ist jedoch noch ein wenig Arbeit angesagt. Den Weiler Mosbach umrundend geht es steil aufwärts zum Hörlberg, dort wo in luftiger Höhe, bei 448 Metern, ein Gipfelkreuz angebracht ist. Nach vier weiteren Kilometern durch einen ausladenden Nadelwald ist Georgensgemünd erreicht, bevor es über Hauslach zurück nach Mosbach geht, dort wo pünktlich zur Öffnungsstunde um 11:00 Uhr die erste Einkehrstation erreicht ist. Im Ausschank, das Bier der Region vom Spalter Bräu. Zweifelsohne ist man hier als Gastronom verhaltensauffällig, wenn man es wagen sollte, ein anderes, als das regionale Bier aus dem Bierhahn laufen zu lassen.
Ein Bier wie ein Donnerhall. Der genetische Code dieses Bieres ist unverwechselbar. Eindeutig dominiert der außergewöhnliche Edel-Aromahopfen – dessen Dominanz mit einem wohlig grasigen Nachhall im Abgang die Mundhöhle flutet. Schlichtweg eine Meisterleistung des Braumeisters. So sollte selbst ein sensorisch nicht ausgeprägter Gaumen ohne Probleme dieses Getränk im Rahmen einer Blindverkostung identifizieren können. Man könnte durchaus geneigt zu sein, noch die ein oder andere Halbe zu bestellen, jedoch es werden sich noch weitere Gelegenheiten im Streckenverlauf ergeben. Hopfig präpariert geht es weiter durch die hügelige Agrarlandschaft, vorbei an zahlreichen Hopfenplantagen, hinein in kurze Waldabschnitte, vorbei an den Spalter Ortsteilen Güsseldorf und Massendorf, um nach weiteren sieben Kilometern am Biergarten an der Pflugsmühle einzudocken. Nicht ausbleiben darf hier eine Gegenprobe. Das Ergebnis – mehr als eindeutig. Der erste Eindruck bestätigt sich – grandios das Bier – nachhaltig bleibend der Eindruck des fränkischen Premiumproduktes. Das Spalter Helle kann geschmacklich locker als Hybridbier taxiert werden – dir gewaltige Note, die einhergeht mit einem feinherbigen Pilsaroma, welches auch an tschechische Biere erinnert, könnte auch Bierfreunde begeistern, die sich bisher ausnahmlos mit Pils beschäftigt haben.
Es fällt schon schwer sich von einem fränkischen Biergarten loszueisen, einzig die Erwartung auf aussichtsreiche Pfade kann hier noch locken. Vom Biergarten geht es zunächst in den kühlen Wald. Die Fränkische Rezat querend führt der Wanderpfad hinauf zur Burg Wernfels. Da man direkt unterhalb der Burg wandert, hat man keine Chance die prächtige Burgsilhouette in Gänze aufzunehmen. Über den Kirchenweg erreicht man nach einem knappen Kilometer das Höhendorf Theilenberg, bevor man wieder in den Spalter Wald eintaucht. Stetig abwärts gehend führt die Passage über das Zigeunerloch hinab zum Schnittlinger Loch, eine eindrucksvolle, durch Auswaschungen entstandene kleine Schlucht. Die restlichen vier Kilometer – die Kür. Vor Spalt war allerdings noch ein Besuch des Hans-Gruber-Kellers eingeplant. Wobei – in Franken setzt man sich nicht in den Keller, sondern auf den Keller, dort wo zumeist in Felshöhlen eingebracht, das Bier gekühlt wurde. Jedoch – der Weg war umsonst, die ehemalige Zapfstätte verwahrlost und verlassen. So bleibt nach 43 Kilometern und 900 Höhenmetern der tröstliche Gang in die historische Altstadt von Spalt, dort wo es Einkehrmöglichkeiten zur Genüge gibt.
Hopfen, Malz, Hefe und Brauwasser sind die tragenden Bestandteile eines Bieres. Nach der hopfenhaltigen Ersttour konzentriert sich der zweite Trail auf Wasser – seit nunmehr fünfzig Jahren das landschaftsprägende Element der Region. 1970 beschloß der Bayrische Landtag den Bau der fränkischen Seenlandschaft. Zielsetzung war es eine hin- und ausreichende Wassermenge zur landwirtschaftlichen Bewässerung und zur Kraftwerkskühlung in der durch trockene Böden belegte Region sicherzustellen. So baute man ein gewaltiges Wasserüberleitungssystem, welches sich mittlerweile als Naherholungsgebiet und ökologischen Naturraum weiterentwickelte. Daher bietet es sich regelrecht an, die vor Spalt liegende Seenlandschaft unter die Schuhsohle zu nehmen. Von Spalt aus geht es jedoch zunächst in westlicher Richtung, der Fränkischen Rezat folgend zum schönsten Hopfenhaus Deutschlands, dem Mühlreisighaus. 1746 errichtet ist dieses einmalige Gebäude ein einzigartiger Zeitzeuge der traditionsreichen Spalter Hopfenkultur.
Wald-Hopfenfelder-Wald, so die bewährten Ausblicke am frühen Morgen. Zunächst geht es Richtung Fünfbronn, einem schmucken Ortsteil von Spalt. Gehfaule folgen der Landstraße RH 6, spannender ist jedoch ein erneuter Gang durch das Schnittlinger Loch, diesmal von der anderen Richtung. Einmal runter in die Schlucht, anschließend ein Kurzaufstieg – danach geht es durch Fünfbronn, welches 1989 mit dem Goldpreis “Unser Dorf soll schöner werden” geadelt wurde. Über Keilsberg geht es hinauf nach Hagsbronn um in südlicher Richtung wandernd in die Umlaufbahn des Brombachsees einzuschwenken.
14 Kilometer ab Spalt ist Enderndorf am See erreicht. Einst wurde hier noch Hopfen angebaut. Durch den Bau des Brombachsees entwickelte sich die Kommune nunmehr zum Feriendorf. Von hier aus startet die Umrundung des großen Brombachsees. Großzügig ausgebaut wurde dabei die Infrastruktur, sowohl für Radsportler als auch für Fußgänger. Mittlerweile hat sich hier ein reger Tourismus etabliert. Barrierefreie Zugänge zu den zahlreichen Stränden und Einrichtungen, eine Vielzahl von Einkehrmöglichkeiten rund um die Seenlandschaft sowie ein Personenschiffahrtsverkehr komplettieren dabei das Angebot und verdeutlichen, daß das Wasserbewirtschaftungsprojekt zu einer Erfolgsstory geworden ist. Die siebzehn Kilometer lange Seenumrundung – ein entspannender steigungsloser Auslauf. Erholsam sind dabei die schattenspendenden Waldpassagen. Vorbei an einem ehemaligen Munitionsdepot führt der Rundweg über zwei Staumauern zurück nach Enderndorf.
Nach der Seenrunde geht es hinauf nach Ottmannsberg und in Folge schnurgerade in nördlicher Richtung. Ursprünglich war eine Schleife über Hagsbronn und den Kapellenberg hinab nach Spalt eingeplant. Ich wähle alternativ die Passage über Großweingarten – jedoch die Streckenführung entäuscht an dieser Stelle. Großweingarten, bekannt als Kirschendorf ist ein langgezogenes Straßendorf, zur frühen Nachmittagsstunde wirkt der Spalter Ortsteil wie ausgestorben, die ansässigen Wirtshäuser geschlossen. So geht es ereignislos hinab nach Spalt um nach einer gepflegten seeenlastigen Passage die zweitägige Spalter Wandertour über insgesamt 82 Kilometer und 1.200 Höhenmetern würdig mit einem Spalter Zwickel im Spalter Kornhaus zu ausklingen zu lassen.
Die Spalter Hopfentour ein formvollendetes und herrliches Wandererlebnis. Diese Tour könnte man durchaus als Bildungsurlaub geltend machen. Die fränkische Seenlandschaft begeistert – in der Langzeitplanung ist die 146 Kilometer lange Seenländerrunde auf dem Radarschirm, selbstredend mit passender Bierbegleitung.
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