Lutherweg 1521 Mücke -Romrod

Mücke, den 19. Februar 2017 –

Mücke, im nordwestlichen Zipfel des Vogelbergkreises gelegen, dank Gebietsreform 1972 als Zusammenschluss von zwölf ehemals selbstständigen Gemeinden ausgebildet, ist Ausgangsort der Lutherexkursion nach Romrod, dem Epizentrum des Lutherweges 1521 – doch dazu später mehr.

Vom Bahnhof Mücke geht es via dem benachbarten Flensungen entlang der Ilsbach nach Ilsdorf. Da die Streckenführung des Lutherweges  am östlichen Ortsrand vorbeiführt, ist man gut beraten der Empfehlung des Pilgerführers folgend, die Gemeinde über die Ortsmitte zu erschließen. Hier befindet sich die erste von insgesamt vier Fachwerkskirchen auf der heutigen Passage. Kurios die Geschichte der Kirche, die im 16. Jahrhundert im benachbarten Bernsfeld errichtet wurde.  Im Zuge der kommunalpolitischen Gebietsreform im Jahre 1972 und einer daraus resultierenden Neuordnung der kirchlichen Zuständigkeiten in der Großkommune Mücke, kam es zu einer sogenannten denkmalschutztechnischen Translozierung – sprich Gebäudeversetzung, so dass 1985 in der „versetzten Kirche“ der erste Gottesdienst abgehalten werden konnte.

Frühmorgendlicher Start in Mücke – 50 Minuten vor Sonnenaufgang
Lasst Weiber und Narren reden – so auch in Flensungen
An vielen Gebäuden nagt der Zahn der Zeit
Die versetzte Kirche in Ilsdorf – wem sich die Gelegenheit bietet, sollte das Schmuckstück zu moderaten Zeiten besichtigen
Ein Bilderbuchlandschaftsabschnitt in der Gemarkung Mücke
Ein neuer Tag bricht an –

Bewegt von der bewegten Kirchengeschichte führt der weitere sanfthügelige Wegeverlauf in das vier Kilometer entfernte Ruppertenrod, dort wo man auf die nächste Fachwerkskirche stößt, die im Jahre 1710 errichtet wurde. Obschon man sich auf dem platten Land bewegt, ist es nach Auskunft eines Küsters im benachbarten Ermenrod unabdingbar, die Kirchen zu verschließen. Die Angst vor Verwüstungen und Diebstähle ist einfach zu groß. Auch wenn im Pilgerführer immer wieder Kontaktdaten hinterlegt sind, wo man sich einen Kirchenschlüssel abholen kann, muss man als „Frühstarter“ zwangsläufig in Kauf nehmen, nicht jede sehenswerte Sakralstätte besichtigen zu können.

Eine imposante Fachwerkskirche in Ruppertenrod
Baumskulptur entlang der Ohm

So geht es weiter durch das Ohmtal nach Ober-Ohmen, seinerseits eine Ortschaft mit zentraler Funktion, was auch der mächtige Kirchenbau aus Stein belegt. Gebäude in Stein zu errichten war im Mittelalter ein Privileg, während die Ärmeren mit billigen Holzständerbauten Vorlieb nehmen mussten. 500 Jahre nach Luther  ist es unter Wahrung denkmalschutzrechtlicher Bestimmungen kein billiges Vergnügen mehr ein denkmalgeschütztes Fachwerksobjekt zu unterhalten – so ändern sich die Zeiten.

Kunst im Hof gesehen in Ober-Ohmen
Die stattliche Kirche in Ober-Ohmen
Kunstvolle historische Eisenbeschläge an der Ober-Ohmener Kirche

Auch wenn wetterbedingt die Fernsicht an diesem Tag nicht atemberaubend ist, man kann jedoch erahnen, welch wunderbar wanderbare Region das Vogelsbergareal ist. So geht es hinauf zum Grauen Berg und weiter das offene Feldatal querend nach Ermenrot, dort wo in der Ortsmitte die dritte Fachwerkskirche, bezeichnenderweise die Martin-Luther-Kirche, steht. Frei nach der Devise „nomen est omen“ erreiche ich die das Gotteshaus pünktlich zur Sonntagspredigt. Gerade einmal neun Kirchenbesucher lauschen den Worten der Pfarrerin, die standesgemäß von der kunstvoll verzierten Barockkanzel, die im Jahre 1708 errichtet wurde, predigt.

Verlaufen unmöglich – die Wegekennzeichnung des Lutherweges ist ausgezeichnet
Durch das Ohmtal in aller Stille
Die Böden werden startklar gemacht für das Frühjahr
Auch schon bessere Zeiten gesehen
Eine prunkvolle Fachwerkskirche: St.-Luther Kirche in Ermenrod. Pünktlich zur Messe reißt der Himmel auf
Eine Sonntagspredigt kann nicht schaden…
Eine prunkvoll verzierte Barockkanzel
Der Namenspatron der Kirche – in Glas gesetzt
Aufwändig gestaltete Informationstafeln begleiten den Pilgerpfad

Nach dieser wohltuenden schöpferischen Pause nebst einem Kurzgespräch mit der Pfarrerin und dem Küster führt eine Bergschleife über den Weidenberg durch das Feldatal. Ablesbar an der umliegenden Vegetation verdeutlicht sich die wasserreiche Region. Vom Dautzenröder Teich, zum Buchhölzer Teich. Eine Vielzahl von markierten Themen- und Wanderwegen dokumentiert eindrucksvoll wie gut erschlossen das Vogelsbergareal als Wanderregion ist. Abweichend von der offiziellen Lutherwegeführung empfiehlt es sich auf der Höhe des Buchhölzer Teiches statt links einschwenkend eine Flurpassage rechter Hand zu wählen. Damit eröffnet man sich noch die Chance nach 33 Kilometern vor 14 Uhr eine Mittagsrast in Romrod einlegen zu können.

Kraftzentrum Baum
Kritisch wird der Odenwälder Pilgerer beäugt
Beeindruckend die Weite der Vogelsberger Landschaft
Folgt man dem Wegverlauf, dann bleibt man oberhalb von Groß-Felda
Aufwändig gestaltete Rastplätze, wie hier am Dautzenröder Teich, wurden entlang des Pilgerweges eingerichtet
Wer hätte das gedacht? 500 Jahre nach Luthers ketzerischen Judenschriften vereint sich hier ein historischer Judenpfad mit dem Lutherweg….
Immer wieder wunderbare Wanderpfade  im Vogelsbergareal

Nach einer Einkehr in der sehr zu empfehlenden Gaststätte Burghof empfiehlt sich eine Besichtigung des Romröder Schlosses. Das Schloss, vermutlich im 12. Jahrhundert als Wasserburg errichtet, zwischenzeitlich an die Landgrafen von Hessen-Darmstadt als Jagdschloß durchgereicht, in den 30 Jahren an das Land Hessen übergegangen und nach einer ruinösen Entwicklung instand gesetzt, beherbergt heute ein mehrfach prämiertes Eventhotel.

Das mächtige Schloß Romrod..
..berbergt heute ein schickes Tagungs- und Eventhotel
Die Eingangsseite des Schlosses

Schräg gegenüber des Schlosses kann man eine aufwändig sanierte Museumsscheune besichtigen. Und hier wartet die nächste Überraschung. Just an diesem Sonntag verrichtet hier Bernd Rausch, der „Erfinder des Lutherweges 1521“ vertretungsweise Museumsdienst. In der hier ansässigen Museumsscheune ist nämlich auch die Geschäftsstelle des Lutherwegvereins 1521 untergebracht. Bei einer Tasse Kaffee berichtet der umtriebige Romröder, wie er 2010 mit dieser Idee schwanger ging und in den Folgejahren mit zahlreichen Unterstützern seine Vision realisieren konnte. Offiziell wird der Lutherweg am 14. Mai, anlässlich des „Tag des Wanderns“  durch den stellvertretenden Hessischen Ministerpräsidenten eingeweiht. „Mir langt es wenn ich an diesem Tag  in der fünften Reihe stehe“ so die Resonanz des bescheidenen Mannes, angesichts des erwartenden Großauflaufes an diesem Tage. Bernd Rausch freut sich schon darauf, nach den zeitintensiven Jahren, die viel Herzblut und Kraft  abgefordert haben, selbst wieder die Wanderstiefel zu schnüren. Allemal Respekt vor dieser großartigen Leistung -angefangen von der Idee bis hin zur Realisierung.

Gegenüber liegt die Museumsscheune
Bernd Rausch – der “Vater des Lutherweges 1521” an seinem Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle des Lutherwegvereins
Reformationsstadt Romrod

Der Rest – ein zwei Kilometer langer Fußweg in das benachbarte Zell/Romrod, dort wo es via Bahn zurück nach Mücke geht.  Gut gangbare und erlebnisreiche 35 Kilometer mit angenehmen 662 Höhenmeter, so die Wanderbilanz des Tages. Bleiben noch 130 Wanderkilometer nach Eisenach, ein Programm welches ÖVM-technisch abgestimmt an drei Wochenendtagen zu absolvieren ist.

6 Kommentare

  1. Herrliche Bilder von eurem Lutherweg – Gratulation an Bernd Rausch, der sich seit Jahren rund um die Uhr bemüht, den Lutherweg zu vervollständigen. Auch meine Frau und ich tragen uns mit dem Gedanken im Sommer einige Etappen zu gehen.
    Liebe Grüße aus Bayern an die tüchtigen Hessen

  2. Lieber Herr Prasch,
    vielen Dank für Ihren Pilger-Besuch
    in unserer Kirche in Ermenrod/Feldatal.
    Auch Ihre wunderbaren Fotoimpressionen
    aus unserer Heimat haben mir ausgesprochen
    gut gefallen.
    Ich wünsche Ihnen noch viel Freunde und liebe
    Kontakte beim Weiterpilgern.
    Herzliche Grüße,
    Daniel Roth (Küster)

  3. Ja, wirklich, sehr schöne Fotos!
    Ich möchte noch ergänzen, dass man in Ruppertenrod einen schönen Pilgerstempel für sein Lutherweg-Heft bekommen kann, und zwar außen vor der Kirche (Holzkästchen). Dies ist also zu jeder Tageszeit möglich.
    Ebenso in Ober-Ohmen, auch hier ein Kästchen mit Stempel vor der histor. Kirchturmtür. Dort gibt es sogar noch weiteren Stempel in der Kirche mit einem anderen Motiv.
    Sie haben Recht, es ist schade, wenn Kirchen abgeschlossen werden müssen. Es gibt sie jedoch sehr wohl, die geöffneten ev. Kirchen, allerdings ein wenig abseits vom Lutherweg: die beiden Fachwerkkirchen von Lardenbach (1657) und Klein-Eichen (älter, ebenfalls transloziert, von Unter-Seibertenrod). Wir haben bis jetzt noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, also herzliche Einladung – sie sind nur ein kleiner Abstecher vom oben erwähnten Ilsdorf.

    • Vielen Dank Frau Michaelsen für die Resonanz. Dorheim ist mittlerweile richtig benannt – im übrigen freut es mich, dass der Lutherweg 1521 mittlerweile eine sehr gute Resonanz erfährt.

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