Frankfurt, den 23. Dezember 2017 –
Wenig beachtet wird das Potential von Stadtwanderungen. Schier unermesslich die Möglichkeiten urbanisierte Flächen mit immer einem anderen Fokus zu entdecken. So steht die Stadt Frankfurt wieder einmal mehr im Brennpunkt, diesmal mit der Zielsetzung den Untergrund der Mainmetropole zu entdecken. Das Resultat –eine ungewöhnliche Marathonwanderung mit ungewöhnlichen Einblicken – sofern man sie sehen will.
1968 wurde die Frankfurter U-Bahn als dritte U-Bahn in Deutschland nach Berlin und Hamburg und als 35. U-Bahn der Welt“ feierlich eröffnet. Heute besteht das Netz aus neun Linien mit 27 Tunnelbahnhöfen und 59 oberirdischen Stationen, wobei das U-Bahn-Netz von mehr als 300.000 Fahrgästen täglich genutzt wird. Ziel der Exkursion war es die unterirdischen Stationen zu erkunden, um ein Stück der jüngeren Stadtgeschichte aufzunehmen
Gestartet wird, wie der einheimische Frankfurter zu sagen pflegt, „Drippdebach“ also südlich des Mains, dort wo die einzige unterirdische U-Bahn-Station vorzufinden ist, der Rest liegt „Hippdebach“ welches für manch einen Südhessen schon in Norddeutschland liegt, da im landläufigen Sprachgebrauch der Main eine klare Grenze darstellt – zumindest in Südhessen. Die erste U-Bahn-Station ist der Südbahnhof in Sachsenhausen, der Frankfurter Stadtteil der gewöhnlich von einer permanenten Apfelweindunstglocke überzogen ist.
Der Südbahnhof 1873 unter der Bezeichnung Bebraer Bahnhof, gleichzeitig mit dem benachbarten Offenbacher Hauptbahnhof eröffnet, hat ein durchaus sehenswertes Empfangsgebäude welches 1914 eröffnet und im Jugendstil gehalten ist. Zum Bau des 1984 eröffneten unterirdischen U-Bahn-Anschlusses wurde seinerseits fast das gesamte Empfangsgebäude abgetragen und nach Ende der Tunnelarbeiten wieder errichtet. Die Wände des U-Bahnhofs sind mit historischen Bildern, unter anderem des alten Empfangsgebäudes bestückt und veranschaulichen ein Stück Frankfurter Stadtgeschichte.
Weiter geht es vorbei an einer Vielzahl von Ebbelwoiwirtschaften zum Schweizer Platz im Herzen des gründerzeitlichen Neu-Sachsenhausens gelegen. Der Platz repräsentative als sternförmiger Platz nach Pariser Vorbild angelegt, Shoppingboulevard und südliches Einfallstor zum Museumsufer und zum Bankenviertel der Stadt.
Als einzige Frankfurter U-Bahn-Station liegt diese Station nicht unter der Straße sondern unter einem Häuserblock. Die auch wegen der anschließenden Mainunterfahrung tiefer gelegene Station wurde daher in bergmännischer Weise errichtet. Der dreischiffige Grundriss, führte zu einer gewölbten Halle mit dem Anmut eines sakralen Raums. Passend hierzu befindet sich am linken nördlichen Tunnelschacht eine eingelassene Figur der Heiligen Barbara als Schutzpatronin der Bergleute Tunnelbauer. Auch die in der Nähe befindlichen Museen lassen es sich berechtigterweise nicht nehmen, deutlich auf die Kulturinstitutionen hinzuweisen.
Raus aus der Röhre und nördlicher Richtung weiter. Rasch ist vom Schweizer Platz aus das Mainufer erreicht. Linker Hand vorbei am berühmten Städelmuseum geht es über den Holbeinsteig, die markante Fußgängerbrücke, die mit den blauen Stahlpylonen das Museumsufer durchaus bereichert.
Der kürzeste Weg führt mitten durch das dunkelste Viertel der Stadt. Noch ist es auch am Himmel dunkel und manch einem Schattengewächs, welches die Moselstraße Richtung Kaiserstraße quert möchte man nicht einmal am hellichten Tag begegnen. Vorbei an Frankfurts Kultstätte, dem Moseleck geht es zügig zum Hauptbahnhof der Stadt.
Östlich des 1888 vollendeten Empfangsgebäudes liegt der einzige viergleisige U-Bahnhof in Frankfurt. Da sich die hier zwei Streckenlinien im spitzen Winkel kreuzen, entschied man sich, anstelle eines unterirdischen Turmbahnhofs einen einzelnen, aber viergleisigenU- Bahnhof mit zwei Mittelbahnsteigen zu errichten. Man muss schon abgehärtet sein um zu früher Stunde die Nischen des Areals zu erkunden. Subversive Gestalten und Elemente, die angesichts des Fotoequipments aufgeschreckt sind, ein stechend beißender Uringeruch der durch die nicht immer ansehnlichen Ecken und Nischen wabert – Streetphotography kann durchaus spannend sein. Architektonisch hat man zaghaft versucht einige gestalterische Akzente zu setzen, jedoch ist es augenscheinlich, dass das U-Bahn-Gelände ein ungastlicher Ort ist und sowohl die Sicherheitskräfte als auch die Reinigungskräfte, die am Limit arbeiten um das Areal halbwegs in Schuss zu halten, täglich vor neue Herausforderung steht. An dieser Stelle ein Dank an die hier tätigen wahren Helden der Arbeit.
Die Exkursion – vier Jahre zu früh, denn dann könnte man auf dem Weg zur U-Bahn-Station Festhalle/Messe noch die derzeit in baubefindliche U-Bahn-Station Europaviertel aufnehmen. So geht es, weg von der Schmuddelecke Hauptbahnhof zum modernen Messeareal mit dem omnipräsenten Messeturm als markante Wegweisung. Praktischerweise befinden sich Eingänge zum U-Bahnhof direkt an der legendären Festhalle, der Messe und dem Messeturm. Die bunt gestalteten Betonwände sind nach der Idee des Gestalters ein Metapher für die bunten Flaggen, die vor dem Messeeingang hängen. Zwei zwölf Meter hohe Glaspyramiden, deren Form an die Spitze des Messeturms erinnern, dienen als Zugänge und bringen Licht in den Untergrund. Moderne Architektur mit einer unaufdringlichen Zeitlosigkeit.
Man folgt der grünen Senckenberganlage, die sich zwischen den beiden Trassen der gut frequentierten B8 befindet und geht vorbei am altehrwürdigen Senckenbergmuseum um die nächste Station, Bockenheimer Warte, zu erreichen, dort wo sich auch die altehrwürdige Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt befindet. Durchaus spannend die Gestaltung des U-Bahnhofs. Fotografien aus dem Universitätsalltag Mitte der 80er Jahre schmücken die U-Bahnsteige. Mit Metallprofilen verzierte Säulen geben dem Untergrund durchaus eine gewisse Wertigkeit. Auffällige Kreiselemente bereichern die Gestaltung Treppenanlagen. Jedoch das Highlight der Station ist ein historischer U-Bahnwaggon der aus dem Untergrund kommend in den Himmel wächst und gleichzeitig als westlicher Ausgang fungiert.
Bunt zu geht es in der Leipziger Straße, dort wo sich die nächste Station befindet. International gemischt das Publikum, Studentenatmosphäre einerseits, kosmopolitisch andererseits. Frankfurt von einer lebendigen Seite, wie es viele nicht kennen. Da die Leipziger Straße sehr schmal ist, wurden die beiden eingleisigen Tunnelröhren der U-Bahn nicht neben-, sondern übereinander errichtet. Diese aufgrund der tiefen Baugrube und des anstehenden Grundwassers sehr aufwendige Bauweise wurde in Frankfurt noch in der ebenso schmalen Berger Straße in Bornheim angewandt. Lediglich einige Bilder von historischen U-Bahnsystemen aus europäischen Metropolen schmücken die im Ansatz eher trist gehaltene U-Bahnstation.
Weiter geht es zum nordwestlichen Rand des Ortsteils Bockenheim, zur U-Bahnstation Kirchplatz. Namensgeberin dieser Station ist die hier im Platz befindliche evangelische Jakobskirche. Gestalterisch hat man den Versuch gewagt durch sakrale Blendarkaden halbwegs den Anmut einer kirchlichen Stätte zu vermitteln. Einen gewissen Lokalkolorit vermittelt zudem das aufwändig gestaltete Mosaik von Alt-Bockenheim in der ersten Unterebene der Bahnanlage.
Nach den kurz getakteten U-Bahnstationen in der Innenstadt ist nun ein längerer Fußmarsch durch den Niddapark angesagt, der von Praunheim, Heddernheim , Ginheim, Hausen und Bockenheim begrenzt wird. Hier, im größten Frankfurter Stadtpark, wurde übrigens 1989 auch eine Bundesgartenschau ausgerichtet. Durch den Park, die Trabantensiedlung Römerstadt querend, ist nach einigen Kilometern die nördlichste unterirdische Station Frankfurts, das Nordwestzentrum erreicht. Der U-Bahnhof wurde 1968 gemeinsam mit dem Einkaufszentrum eingeweiht. Zunächst wurde die Station sowie die anschließenden Tunnelabschnitte komplett in offener Bauweise errichtet, um das Nordwestzentrum darüber zu bauen. Wände und Säulen sind mittlerweile mit hellgrauem Naturstein verkleidet. Zweckmäßig und nüchtern die Architektur, ein gestalterischer Spannungsbogen ist jedoch nicht zu erkennen. Der Besuch dieser Station – ausschließlich ein Fall für das Protokoll aus gestalterischen Gründen heraus könnte darauf verzichtet werden.
Durch Heddernheim geht es die Nidda abermals querend nach Ginnheim , dort wo wichtige Institutionen wie die die Bundesbank oder das Polizeipräsidium angesiedelt sind. Nächstes Ziel ist eine der höchst frequentiertesten Verkehrsstraßen Frankfurts, die Miquelallee, benannt nach einem Frankfurter Oberbürgermeister. Die hier liegende U-Bahnstation Polizeipräsidium / Miquelallee dürfte in der Hitliste von Deutschlands hässlichsten U-Bahnstationen durchaus in den oberen Rängen liegen. Am 4. Oktober 1968 wurde die Station mit Inbetriebnahme des ersten Teilabschnittes von der Hauptwache zur Nordweststadt eröffnet. Der U-Bahnhof ist im öden Stil der 1960er Jahre gehalten. Man hat durchaus den Eindruck, dass es sich hier um eine Tunnelvariante handelt, die direkt zu den Arrestzellen des naheliegenden Polizeipräsidiums führt, wenn es dort welche geben sollte. Erwähnenswert ist lediglich noch eine Besonderheit der hier befindlichen U-Bahnsteige. Diese sind für U-Bahnen der neuen Generation zu kurz. Fahren heute Züge ein, so wird die betroffene Tür elektronisch verriegelt. Wer am falschen Ende steht, den bestraft eben die Elektronik.
Langsam geht es wieder stadteinwärts. Unweit des Adolph-von-Holzhausen Parks, dort wo das schmucke Holzhausenschlößchen gelegen ist, geht es abwärts in die nicht zwingend schmucke U-Bahn-Station Holzhausenstraße, die ebenso zu den U-Bahnstationen der ersten Stunde gehört. Gehabt schlicht der Stil. Gerade Linien und rechte Winkel als Zeitgeist der damaligen architektonischen Gestaltung belegen, dass für „architektonische Ergüsse“ in dieser Ära kein Raum vorhanden war.
Folgt man der Escherheimer Landstraße, so erreicht man die Station Grüneburgweg . Nahe der Station liegen die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, das Handelsblatt-Haus und ein kleines Hotel das 1992 in Zusammenhang mit dem Schmuggel von radioaktivem Material aus dem ehemaligen Ostblock in die Schlagzeilen geriet. Grüne Keramikfliesen mit eingestreuten Elementen bereichern durchaus das Innere der Station.
So geht es weiter in den modernen Westend, dort wo eine der interessantesten Stationen der Stadt zu finden ist, die U-Bahn –Station Westend. Eine Hommage an den benachbarten Palmengarten sind die mit weiß-rose-farbenen Mosaiksteinen belegten palmenartigen Säulen. Mit der unterlegten Beleuchtung der Deckenstützen wird eine außergewöhnliche Atmosphäre erzeugt. Diese Station ist durchaus ein Beleg dafür, dass mit einfachen Mitteln und einem kreativen Gedanken eine profane U-Bahnstation gestalterisch gekonnt in Szene gesetzt werden kann.
Nur wenige hundert Meter weiter gelangt man zu Station Alte Oper. Offensichtlich hat sich hier der selbe Architekt, der Westend gestaltet hat, ausgetobt. Auch hier hat man grundlegend die palmenartige Säulebstruktur, farblich etwas anders ausgerichtet, eingesetzt. Die Station wurde als erster Frankfurter Tunnelbahnhof vollkommen stützenfrei errichtet und greift mit ihren bogenförmigen Strukturen die Neorenaissancearchitektur des berühmten Opernhauses auf. Ergänzt wird das Ganze mit historischen Bühnenbildern aus dem Opernhaus, die man besichtigen kann, wenn man den Ausgang Richtung Alte Oper/Freßgasse wählt.
Am letzten Einkaufstag vor Heiligabend ist auf den Straßen mehr los, als unter Tage. Station Hauptwache, im Herzen Frankfurts gelegen ist die nächste unterirdische U-Bahnstation. Auch hier arbeitete man nach dem Legoprinzip. Die Hauptwache1729 als Hauptwachengebäude errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerstört, 1954 vereinfacht aufgebaut, 1968 abgetragen und originalgetreu nach der Fertigstellung der U-Bahn-Station wieder errichtet. Quasi eine Win-Win-Situation. Oben hui unten pfui. Hier scheint eine Generation von Gestaltern eine Auszeit genommen zu haben. Eine klassische Umschlagsstation, Einfallstor zu einer der meistfrequentiertesten Einkaufsstraßen Deutschlands, der Zeil. Die B-Ebene behaftet mit dem lädierten Charme der 70er Jahre, lange Zeit Problemzone und Hotspot für das Milieu mittlerweile von der Kommune protegierte Unterkunftsebene für Obdachlose, während der tagesüblichen Geschäftszeiten jedoch durchaus gangbar, aber keine Vorzeigestube der Bankenmetropole. Schön geht anders.
Spießroutenlauf durch die hochfrequentierte Zeil am letzten Tag vor Heilig Abend. Am Ende der Einkaufsstraße geht es hinab zur Konstabler Wache. Seit 1544 befand sich hier ein Zeughaus der Frankfurter Stadtwehr, das lange das östliche Ende der Zeil darstellte. 1822 wurde das mittlerweile zur Wachstation ausgebaute Militärgebäude aufgegeben und zu einem Polizeirevier umgebaut. Der Name Konstablerwache kommt daher, dass es die Wache des Frankfurter Konstablers war. 1886 wurde die Wache abgerissen und durch Geschäftshäuser ersetzt. Mit 191.000 Fahrgästen pro Tag ist die Station nach dem Hauptbahnhof (ca. 350.000 Fahrgäste) der am höchstfrequentierteste Bahnhof in Frankfurt. Ein Gestaltungsversuch wurde aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft von Frankfurt und Lyon vorgenommen. Gemalte Wandbilder zeigen verschiedene Motive aus beiden Städten, die mit einem fiktiven Verkehrsmittel verbunden sind. Jedoch ist der teilweise versiffte Zustand des Wandschmucks nicht unbedingt ein Aushängeschild für die Stadt.
Vom Menschenzoo Zeil geht es Richtung Tiergehege, dem international bekannten Frankfurter Zoo, zur gleichnamigen U-Bahnstation. Thematisch passend die Wandgestaltung des Innenbereichs und die tierische Gestaltung der Wartezonen und Bahnsteige. Hier kann man sich bereits bei Ankunft mit der U-Bahn gedanklich auf den Zoobesuch vorbereiten. Ein besonderes Lob für diese Form der Stationsgestaltung.
Weiter geht es in nördlicher Richtung hinein in die Berger Straße, dort wo die drei U-Bahnstationen Merianplatz, Höhenplatz und Bornheim Mitte sich sowohl von der Trassenführung als auch aus gestalterischer Sicht wie Perlenketten aneinander reihen. Auch hier mussten die beiden jeweils eingleisigen Tunnelröhren der U-Bahn nicht neben-, sondern übereinander errichtet, da die Berger Straße schlichtweg zu eng ist.
Grün, Orange, Gelb, so die Reihenfolge des Farbkonzeptes, in dem die drei Stationen mit entsprechenden Keramikfliesen ausgestattet wurden. Ein gewisser Friedrich Ernst von Garnier, Farbphilosoph, entwickelte eigens ein Farbkonzept nach der Lehre der „Organischen Farbigkeit“. Hirnforscher sprechen gar von inszenierten Farbklängen. Ungeachtet der Erkenntnisse führender Hirnforscher – die Schwingungen der Farbklänge berühren aus heutiger Sicht nicht mehr zwingend das Auge des Betrachters, allemal ist diese zweckmäßige Gestaltungsform einer tristen Betonwand vorzuziehen.
Auch die Station Seckbacher Landstraße reiht sich in diese Gestaltungskette ein. Freunde, die den nostalgischen Ansatz bevorzugen, werden sich für diese Form der Architektur sicherlich begeistern.
Richtung Ostpark führt der Weg zur modernen Station Eissporthalle/Festplatz, direkt an der namensgebenden Eissporthalle gelegen. Unmittelbar nebenan liegt das Frankfurter Volksbank- Stadion des zu Zeit leidlich spielenden FSV Frankfurt. Der U-Bahnhof wurde zunächst in einer offenen, abgedeckten Baugrube erstellt, die Streckentunnel jedoch in geschlossener, bergmännischer Bauweise errichtet. Freundlich der als Eingangsbereich gestaltete Glasbau. Aus Kostengründen verzichtete man auf externe Architekten. Rot gestaltete Wände mit Schwarz-Weiß-Fotografien erfüllen jedoch auch aus gestalterischer Sicht durchaus ihren Zweck.
Eine der Vorteile solcher Stadtexkursionen ist die Tatsache, dass man Stadtteilabschnitte entdeckt, die man zuvor nicht kannte. So beispielsweise am Parlamentsplatz im Frankfurter Nordend. Die Namensgebung des Platzes soll an die in 1848 stattgefundene Nationalversammlung in der Paulskirche erinnern. Interessanterweise sind auch viele umliegende Straßen nach Abgeordneten der legendären Versammlung benannt. Auch gestalterisch weist die U-Bahnstation eine Besonderheit auf. Ein Absolvent der Städelschule, der Offenbacher Udo Koch, holte sich in einem Werbeprospekt eines Großmarkt die Gestaltungsidee. Abbildungen von Gläser, Flaschen, Würstchen, Staubsauger, Lampen und mehr wurden in Schwarz-Weiß auf eine Paneele gebrannt und verzierten seit 1992 die Bahnsteige. Die Säulen behängt mit gelben Metallplatten – kreative Kunst die auch für Wartende inspirierend sein kann und soll, frei nach dem Motto: „Was hat sich hier der Künstler hierbei denn gedacht?“
Gerade einmal 500 Meter weiter stößt man auf die U-Bahn-Station Habsburgerallee, eine weitere spannende Station. Hier war ein Künstler namens Manfred Stumpf am Werk, der mit seiner Mosaikarbeit „Die Reise nach Jerusalem“ auf mythologische und neuzeitliche „Plagen“ wie Drogen, Alkohol, Rüstungswahn und Konsumterror hinweisen wollte. Abgebildet sind 60 Esel, die in Fahrtrichtung hinterhertrotten, beladen mit den Lasten unserer Zeit, die tausende Menschen, die täglich die U-Bahn frequentieren in ihrer Alltagstristesse zu schleppen haben. Ob Fernsehapparat, Weinflasche, Uhr Zigarettenschachtel oder Kreditkarte – die Plagen des Zeitgeistes Stand 1992 sind hier vortrefflich aufgearbeitet. Eine Aktualisierung, ob Iphone, Internet oder Bitcoin wäre durchaus anzudenken.
Beeindruckt von der Gestaltung der letzten beiden U-Bahnhöfe geht es zum Ostbahnhof –bei Lichte betrachtet eine Schmuddelecke der Stadt. 1914 errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerbombt und anschließend abgerissen. Beim Bau des neuen Empfangsgebäudes wurde sowohl an der Architektur, als auch später am Bauunterhalt gespart. Dies hat hinsichtlich Funktionalität und Erscheinungsbild des Bahnhofs signifikante Auswirkungen. Schon seit mehreren Jahren bewahrt nur eine Stahlkonstruktion das Gebäude vor dem Einsturz. Das Gebäude präsentiert sich als verfallende Ruine. Einzig intakter Bestandteil des Bauwerks war lange Zeit die Kegelbahn, die durch den Eisenbahnersportverein (ESV) genutzt wird. Alles in allem ist dieses Areal ein Dreckloch und absolut unpassend für die prosperierende Region in Nachbarschaft der Europäischen Zentralbank. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Zustand ändert, spätestens wenn 2022 die neue nordmainische S-Bahn in Betrieb gehen soll. Schwarz-Weiß-Fotografien an den Wänden der Bahnsteige veranschaulichen, die Geschichte der Frankfurter Mainbrücken während auf der Zwischenebene farbige Wandfliesen die Frankfurter Skyline andeuten. Immerhin ein Lichtblick in diesem Schandfleck der Mainpetropole.
Weiter geht Richtung Zentrum. Vorbei am „neuen alten Frankfurt“, der Hühnermarkt, der im September 2018 offiziell eröffnet wird erreicht man den Römerplatz, dort wo die U-Bahnstation Dom/Römer zu finden ist. Der Weihnachtsmarkt ist bereits abgebaut einzig der nicht gerade optimal gewachsene Weihnachtsbaum vor dem Römer strahlt noch etwas Weihnachtsglanz aus.
Die Station ist das Gateway zur Frankfurter Altstadt und bezieht sich von der Namensgebung auf die beiden bedeutendsten Bauwerke der Altstadt, des mittelalterlichen Rathauses Römer und der Kaiserdoms St. Bartholomäus. 1974 wurde die Station in Betrieb genommen. Während den Bauarbeiten wurden, was nicht überraschend war, zahlreiche Funde aus allen Epochen der Stadtgeschichte gemacht. An den Wänden sind geborgene Spolien aus der 1944 im Zweiten Weltkrieg bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main vernichteten Altstadt angebracht. Mit Anspielung auf das unmittelbar um die Ecke befindliche Kunstmuseum Schirn wurde die Wände mit Grafikparolen rund um den Begriff „Kunst“ versehen. Derzeit befindet sich die Station im halben Rohbauzustand. Ertüchtigungsmaßnahmen zum Thema Brandschutz und Elektroverkabelung werden eine Stilllegung der Station für fünf Monate ab Februar 2018 erforderlich machen.
Bleibt der Gang zur letzten unterirdischen Station dem Willy Brandt Platz, der bis 1993 als Theaterplatz bezeichnet wurde. Schlicht funktional, so die Gestaltung des Bahnhofs. Das weiß lackierte Metallblech verströmt den Charme eines OP-Saals. Einzig die “Säulen der Eintracht” Elf “legendäre” Spieler von Eintracht Frankfurt und ein Trainer, die per Internet-Abstimmung ausgewählt wurden verzieren zwölf tragenden Säulen. Spurengestaltungselemente, die auf das Schauspielhaus Frankfurt hinweisen bereichern die U-Bahnstation nicht wirklich. Hier wäre, auch der zentralen Lage geschuldet, eine Aufwertung der Station mehr als angebracht.
Der Frankfurter U-Bahn-Trail – eine extrem spannende Exkursion und eine hervorragende Möglichkeit eine Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken. Sicherlich, man kann es einfacher haben und mit einem Tagesticket für 7,50 EUR die besagten Stationen „erfahren“. Jedoch, gerade die Kombination per pedes unterwegs zu sein und Streetphotography zu praktizieren hat seinen besonderen Reiz. Knapp 40 hochinteressante Kilometer mit einer nicht nennenswerten Anzahl an Höhenmetern dafür gefühlt tausende von Treppenstufen –praktiziertes Wandern mit einerbesonderen Note. Ein weiterer positiver Nebeneffekt solch eines Trails –neue Ideen für eine nicht minder spannende Exkursionen. Man darf gespannt sein auf 2018.
Tolle Idee super Aufbereitung war sehr interessant und kurzweilig. Danke.