Extratour Wildflecken

Motten, den 26. Juli 2025 – Eingemantelt im Grenzbereich der Länder Bayern, Hessen und Thüringen liegt das Biospährenreservat Rhön, in Wanderkreisen als eines der schönsten Mittelgebirgsregionen geschätzt. Das Aushängeschild, der 173 Kilometer lange Premiumwanderweg Hochrhöner, an- und bereichert mit 32 zertifizierten Rundwanderwege, den sogenannten Extratouren. Und einmal im Jahr hat man Gelegenheit die aussichtsreiche Rhön, aus einer anderen im Allgemeinen nicht bekannten Perspektive zu entdecken.

So öffnet jeweils Ende Juli der Kommandant des Truppenübungsplatzes Wildflecken die Schranken des hermetisch abgeriegelten Areals, um der interessierten Wanderschar einen Perspektivwechsel anzubieten. Und der Zuspruch ist enorm, denn an den beiden Wochenendtagen werden bis zu 5.000 Interessierte erwartet, die den Ruf der Truppe folgen, um unter dem Motto “Natur pur -Erleben, Genießen, Bestaunen” auf Entdeckunsgreise gehen möchten. Eine nicht zertifizierte Rhöner Extratour der besonderen Art.

Motten 5.45 Uhr: Eine riesige Parkfläche wurde vor den Toren des diesjährigen Startorts, dem unterfränkischen Motten eingerichtet, just einen knappen Kilometer vom offiziellen Start entfernt
Motten 05:57: 2,50 Euro der Obulus der am Start zu entrichten ist. Das Startfenster wird sechs Stunden offengehalten. Von 06:00 Uhr bis 12:00 Uhr
Grün, rot, blau. Drei Strecken (11,5 km, 15 km und 20 km) werden angeboten um in diesem Jahr den Truppenübungsplatz von West nach Ost zu queren

Nicht immer bewährt sich der Frühstart. Die Wetterkonditionen sind an diesem Morgen alles andere als zweckdienlich. Regenfälle in der Nacht sorgten für einen einen gewaltigen Nebelvorhang der sich über die Rhön stülpt – und das zunächst sehr hartnäckig. So geht es mit der Faust in der Hosentasche zunächst aufwärts, denn die Hoffnung auf die angekündigten (und tatsächlich vorhandenen) atemberaubenden Aussichten in allen Himmelsrichtungen schwindet von Höhenmeter zu Höhenmeter, zudem das Waschküchenklima mit einer gefühlten Luftfeuchtigkeit von 120 Prozent den fünf Kilometer langen Aufstieg zur 801 Meter hohen Dalherdakuppe nicht wirklich erleichtert. So kann man sich nur damit trösten, dass man sich auf militärischem Gelände befindet und man sich eben mit allen Widrigkeiten die die Lage hergibt auseinanderzusetzen hat – Outdoor pur eben.

Und tatsächlich ist der erste Aussichtspunkt, die Dalherdakuppe, dort wo die Bundeswehr auch ein Rastpunkt eingerichtet hat, im wahrsten Sinne des Wortes aussichtslos. So bleibt Zeit sich etwas intensiver mit dem Background des Standortes zu beschäftigen. Bis 1993 hatte die US-Armee das 7.000 Hektar große Areal als Truppenübungsplatz genutzt und der berühmteste Soldat, der hier an einem Manöver teilnahm, war ein gewisser Elvis Aaron Presley. “40 Millionen Schuß im Jahr” wurden hier im Jahr abgefeuert, berichtet ein Stabsfeldwebel der hier an einem Infostand über Blindgänger auf dem Gelände informiert. By the way: Die Bundeswehr zeigt sich hier von Ihrer besten Seite. Man freut sich regelrecht auf die jährliche Wanderveranstaltung, steht mit Rat und Tat zu Seite, und hat sich viel Mühe gegeben mit Infotafeln an exponierten Stellen über markanter Aussichtspunkte zu informieren.

Motivation als Kernkompetenz hat beim Militär einen hohen Stellenwert. So werden an diesem Tag die Gastwanderer regelrecht angeschoben um den Anstieg zum höchsten Punkt der Tour leichter zu bewältigen
Und das alles geregelt läuft, dafür sorgt die Range Control
Je höher, desto nebeliger
..so beschränkt man sich zwangsläufig auf das direkte Umfeld vor der Nasenspitze
“Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine” – soll Heinrich Heine angeblich in das Gipfelbuch des Brockens geschrieben habe – schon seltsam was einem so alles auf einer Wanderung durch den Kopf strömt…..
Vorbei am Kuppenmännchen, eine basaltene ausbalancierte Gesteinsgestalt unter des Dalherdaer Berges
Man könnte auf der Dalherdakuppe, wenn man könnte, tolle Aussichten in das Fuldaer Land genießen…
So bleibt nur der Blick nach oben und die Hoffnung, dass es irgendwann aufreißt….
Täglich findet man Blindgänger und abgeworfes Material, wie man an einem Infostand eindrucksvoll erläutert. Kein Wunder, denn hier verballerte man in Spitzenzeiten bis zu 40 Millionen Schuß im Jahr
Veteranen haben hier ein US-Camp im Stil der 80er Jahre aufgebaut, und erinnern sich gerne an die freundschaftlichen Bande die man hier gepflegt hat, wie ein Verantwortlicher vor Ort berichtet
Rhöntypisch geht es auch auf dem Truppenübungsplatz munter auf und ab
Im Allgemeinen bieten Bereiche, die durch militärische Nutzung entstanden sind, aufgrund ihrer Unzugänglichkeit und der speziellen Bedingungen einen gewissen Schutz für die dort lebende Flora und Fauna. So ist hier beispielsweise auch ein Wolfsrudel angesiedelt.
Wenn man schon keine Aussicht hat, dann konnzentriert man sich eben auf das bodennahe Umfeld und ist immer wieder überrascht über den Facettenreichtum seines Umfeldes
Die freigegebenen Wanderwege sind geräumt…..
..aber man sollte die alle hundert Meter angebrachten Hinweise tunlichst beachten…..
….ohne Ausnahme….
..und wem die Blase oder Sonstiges drückt, der kann es hier krachen lassen. Und das dieser Rückzugsort nicht fortfliegt, dafür hat man fachmännisch gesorgt….
Schade, dass nebelbedingt der mächtige Basaltbolide, der Ottenstein im Nebelfeld eingemantelt ist, so bleibt nur die Nahbetrachtung
Auch das ausgediente Material erinnert daran, dass man hier nicht durch Lummerland läuft…
..auch wenn im direkten Umfeld ein anderer Eindruck vermittelt wird
…ein Hoffnungsschimmer…. der Nebel lichtet sich….
…..auch wenn sehr zögerlich…..
In Militärkreisen spricht man von sogenannten Hartzielen für die man das ausgediente Gerät verwendet.
Trotz früher Stunde und eingeschränkten Sichten – das Interesse an dieser Veranstaltung ist groß
Da war doch was…… Erinnerung an die Lüneburger Heide werden wach……

Wenn man auf der Wanderpiste ist muß man flexibel bleiben. Nach dem am zweiten Rastpunkt ein kurzer Regenschauer vorbeigezogen war, und sich eine Aufklarung abzeichnete, bot es sich an eine Sonderschleife, natürlich unter Wahrung der freigebenen Wege, einzulegen und sowohl die blaue, als auch die grünen Teilrouten, die entlang der schleifenförmig angeordneten Streckenführung auf der Achse der 20-Kilometer-Strecke lagen, einzubeziehen. Das Zwischenziel, die Dreifeldskuppe, dort wo man die schönsten Aussichten auf der diesjährigen Streckenauswahl genießen könnte.

Dort hinter der Nebelwand liegt Fulda
..und nebenan blickt man abwärts nach Motten dem Ziel dieser Wanderung

Auch wenn am langen Ende das Wetter nicht wirklich mitspielte, Ansätze der Aussichtsmöglichkeiten konnte man an der Dreifeldskuppe zumindest erahnen. Der Rückweg vom 838 Meter hoch gelegen Plateau war deftig, denn es ging schnurgerade über drei Kilometer permament abwärts, partiell mit einem Gefälle von bis zu 18 Prozent, zur Freude aller muskulären Beinpartien nebst Kniezonen. Vermutlich scheint es eine beliebte Drillstrecke für die hier im Einsatz befindlichen Soldaten zu sein, denn wandertechnische Premiumpunkte würde dieser Abschnitt nicht wirklich erhalten.

Durch das Übungsgelände geht es im Anschluß strack abwärts gen Motten….
…zurück in die zivile Welt
…dort wo im Zieleinlauf die Wanderer bestens versorgt werden.

Am langen Ende waren es mit Extrauschleife 25 Kilometer und guten 760 Höhenmetern. Der Wandertag auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken, hervorragend organisiert und eine ausgezeichnete Möglichkeit einzutauchen in eine Ecke der Region, die man ansonsten nicht erkunden kann. Schön, dass die hier stationierte Bundeswehr den Faden aufgenommen hat, und die Tradition der US-Amerikaner übernommen haben, die seit 1972 einmal jährlich die Schranken öffneten, um zu einem “Walking Event” einzuladen, wie ein Soldat berichtete. Schön auch zu erfahren, dass jährlich eine andere Strecke nebst anderem Startort angeboten wird, und man darf gespannt sein kann, wie im nächsten Jahr der Streckenverlauf ausfallen wird. Wenn zudem dass Wetter mitspielt kann man sich auf eine aussichtsreiche Wandertour mit nicht alltäglichen Aussichten einstellen.

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