Winningen, 25. Oktober 2015
Während manch ein Wanderer Ende Oktober als Vorbereitung zum Winterschlaf in den Energiesparmodus wechselt, hatten 400 ambitionierte Langstreckenwanderer zu dieser Jahreszeit Koblenz als herbstliches Highlight auf der Wanderagenda stehen – und das zu Recht.
Tradionsgemäß laden die “Schnellen Füße” in Winningen am letzten Oktoberwochenende eines Jahres zu einem bemerkenswerten Wanderwochenende ein. Neben der üblichen Haushaltsmischung (5 km, 10 km und 20 km) wurden bereits zum 22. mal eine Marathonwanderung und ein 50-Kilometer-Ultra angeboten. Jedes Jahr überrascht der Veranstalter mit einer neuen Streckenführung im weitläufigen Rhein-Moselareal. Dieses Jahr entschied man sich für eine außergewöhnliche und anspruchsvolle Routenführung – Wandern auf höchsten Niveau. Für 50 Kilometer stand ein Zeitfenster von 11 Stunden zur Verfügung, wobei bei den neun eingerichteten Kontroll- und Verpflegungsstellen eine ausgezeichnete Versorgungslogistik für die Teilnehmer sichergestellt wurde.
Vom Startlokal in Winningen führte bei zunächst stark bedecktem sonntäglichen Himmel der sehr gut markierte Wegverlauf entlang der Steilhänge der Moselweinberge in westlicher Richtung nach Kobern. Kaskadierende Weinbergterassen, die mit einer Neigung von bis zu 65% zu den steilsten Weinlagen Deutschlands zählen, hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck. Scheinbar jeder erschließbare Vorsprung wird in den Schiefersteinfelsen zum Weinanbau genutzt. Als Laie kann man nur mutmaßen, wie hart die Arbeit für die Winzer in diesen Lagen ist. Nachvollziehbar aber auch, daß das hier gezogene Rieslinggewächs, dank der exponierten Steilhanglage und des thermischen Schieferbodenspeichers, von besonders bemerkenswerter Qualität sein muß.
Die Moselbrücke der A61 unterquerend verlassen wir zunächst die Mosel um im Delta des Langentalbaches und des Beltalbaches in den Moselhöhenweg einzusteigen, der sich serpentinenartig durch das Weinareal schlängelt. Achtsamkeit entlang der Strecke ist durchaus angezeigt, schmälert jedoch nicht das Wandervergnügen – im Gegenteil. Die Farbenpracht des Blätterwaldes, die punktuell immer wieder durchschimmernde Mosel und die abwechslungsreiche Streckenführung bietet ein faszinierendes Wanderspektakel mit einem hohen Genußfaktor. Bald erreichen wir Kobern mit der markanten Ober- und Niederburg. Bemerkenswert die Panoramen, die sich im Rahmen des Streckenverlaufes ergeben. Von hinten wird die aus dem 12. Jahrhundert stammende und 200 Meter hoch gelegene Oberburg erreicht. Von hier aus bietet sich ein wohlgefälliges Panorama auf das sich ausbreitende Moseltal und auf die 50 Meter unterhalb liegende Niederburg, die ebenso im 12.Jahrhundert auf einem vorgeschobenen Berggrat errichtet wurde, und lange Zeit im Trierer Bischofsbesitz war.
Am Ortsausgang von Kobern wird die Moselgoldbrücke gequert, um den Ortsrand des gegenüberliegenden Niederfell zu erreichen. Damit verbunden ein wiederum kräftiger Höhenanstieg um auf ausgezeichneten Wanderwegen die Spur Richtung Oberfell aufzunehmen. Mittlerweile lugt ab und an die Sonne heraus und verstärkt mit Blick auf das gegenüberliegende Lehmen und die darunter liegende Staustufe die Farbgewalt des herbstlichen Laubes. Abwechslungsreich die Streckenführung auf den markanten Qualitätswegen des Moselsteiges und des Rheinburgenweges. Unter dem Signet “Traumpfade” hat der Landkreis Mayen-Koblenz eine Premium-Wanderregion entwickelt. Mit dem „Traumpfadeland Rhein-Mosel-Eifel” ist nach Worten des Deutschen Wanderinstitutes die Avantgarde der europäischen Wander-Destinationen entwickelt worden. Konsequent und folgerichtig daher die Entscheidung des Veranstalters bewusst derartige Wanderstrecken in das Angebot einzubauen und eine IVV-Veranstaltung nicht auf kilometerfressendtaugliche Wirtschaftswege zu reduzieren.
Sukzessive verabschieden sich die Wegzweigungen der 20- Kilometerroute und der Marathonstrecke. Die 50 Kilometerrunde führt Richtung Oberfell vis a vis der markanten Moselburg Thurant,dem weithin sichtbares Wahrzeichen über Alken an der Mosel. Die Doppelburg wurde im 12. Jahrhundert auf römischen Grundmauern errichtet und ist eine der ältesten Burgen entlang des Flusses. In diesem Abschnitt ist die Hälfte der Strecke erreicht. Auf abwechslungsreichen und hügeligen Passagen geht es durch Wald- und Wiesenlandschaften zurück nach Niederfell um abermals die Moselbrücke zu queren.
Entlang der Mosel kehren wir zurück zum ersten Kontrollpunkt des Tages, der gleichzeitig als achte Verpflegungsstation dient, um einen knackigen Anstieg hinauf zum Rübenacher Forst zu meistern. Wer bis dato noch keine Körner verbraten hat – hier wird Einiges abgefordert.
Vis a vis des Aussichtspunktes Moseltal West hat man einen exzellenten Ausblick auf die unten liegende Moseltalhochbrücke mit asphaltierter A61. Von hier setzt der lockere Auslauf in das drei Kilometer entfernte Winningen auf asphaltierten Weinlagewanderwegen ein. Nach insgesamt neuneinhalb Stunden sind 50 Kilometer nebst 1.400 herrlichen Höhenmeter erwandert. Kompliment an den Veranstalter für die ausgezeichnete Streckenauswahl, die gute Wegekennzeichnung und die wie immer sehr gute Betreuung an den Verpflegungsstationen. Selbstredend, dass der nächstjährige Termin im Wanderkalender vermerkt ist, genauso, wie die Internationale Wanderolympiade die 2017 in Winningen startet und dieses Jahr in China stattfand. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, wird der internationalen Wanderschar bei dieser Veranstaltung eine 60-Kilometer-Rheinburgenwanderung mit Startpunkt am Felsen der Loreley angeboten. Ausgezeichnete Perspektiven in einer herrlichen Region, durchgeführt von einem hochengagierten Wanderverein. “Frisch Auf”!
Hallo powerwalker
Ich habe durch diesen tollen Artikel richtig Lust bekommen diese Strecke zu laufen. Wäre es möglich mir eine gpx Datei zukommen zu lassen?
Viele Grüsse Kjelt