Zwischen Rhein und Reben

Eltville, den 26. Oktober 2024 – Just drei Wochen nach der ersten Rheingauer Rieslingschleifen-Exkursion war wetterbegünstigt nochmals ein Nachschlag fällig. So hat es sich förmlich angeboten vier weitere der insgesamt vierzehn neuen Rieslingschleifen in einem Gesamtpaket zu bündeln – und am langen Ende entwickelte sich eine außergewöhnliche 35 Kilometer lange Riesling-Quadrologie, abwechslungs- und erkenntnisreich – und zu verbuchen als formvollendete Genusswanderung, die insbesondere im farbenfrohen Herbst besonders reizvoll ist.

Es war schon etwas tricky, die vier Rieslingschleifen “Rauentahler Baiken”, “Alleskönner Riesling”, “Rhein und Reben” und “Terroir? Terroir! zu einer attraktiven Gesamttour zu verbinden.

Gestartet wird am nördlichen Ortsrand von Eltville, um zunächst die erste offizielle Rieslingschleife, die den Namen “Rauenthaler Baiken” trägt, unter die Wandersohle zu nehmen. Weinkenner kommen in das schwärmen wenn man vom Rauenthaler Baiken Riesling spricht. “Ein verführerischer Luftikus mit Tiefgang”; “Eleganz pur”; “Ein Juwel aus dem Weinberg des besten Rieslings der Welt”. (Bereits 1867 wurde ein Rauenthaler Baiken zum besten Wein der Welt gekürt). Man kann immer wieder den wohlweislich geschliffenen und teilweise abgehobenen Sprachgang der Weinbranche bewundern – aber hier wird unter dem Dach des Kloster Eberbachs wahrlich ein köstlicher Tropfen gezogen. Prachtvoll jedoch nicht nur der Rebensaft, prachtvoll auch im Regelfall die Aussichten, denn auf dem Weg zur Bubenhäuser Höhe kann man auf dieser ersten Rieslingschleife herrliche Aussichten genießen.

Bestellt war Sonne pur – geliefert wurde Hochnebel satt……
….jedoch auch unter solchen Konditionen kann man optische Schätze heben
Im Hintergrund sticht die Burgruine Scharfenstein durch, die nach weiteren 30 Kilometern erreicht sein wird
Die Staatsdomäne Rauenthal – eine Kultstätte für Weinkenner
Und vor den Toren des Gutsausschanks kann man Faßkunde studieren
Am Wegkreuz Francisco Xaverio Divo
Auch wenn die Sonne noch nicht scheint – es gibt immer gute Gründe die Augen offen zu halten
Abgeräumt – Restanten aufgegebener Weinberge
Vier von insgesamt vierzehn Rieslingschleifen, die das Regionalmanagement Rheingau im Sommer 2023 offiziell freigegeben hat, und als Ersatz für die bislang bestehende Rheingauer Rieslingroute kreiert wurden, stehen auf dem heutigen Wanderplan
Nein!!! Es ist nicht die Toskana!
Aufwändig die Beschilderung, ausgezeichnet der Streckenverlauf
..und hier oben an der Bubenhäuser Höhe, dort wo man heute noch fossile Kalksteine finden kann, genießt man im Regelfall herrliche Rundumblicke über die Rheingauer Weinlandschaft und den Naturpark Rhein-Taunus
Herbstliche Landschaftsskulptur

Von der Bubenhäuser Höhe wandert man abwärts zum Weinprobierstand Rauenthal, eine feine Ecke um ausgezeichnete Weine in guter Atmosphäre zwischen April und Oktober zu verkosten. Vorbei am Nonnenbergschlösschen wird ein undokumentierter Verbindungsweg genutzt, um den Ortsteil Martinsthal zu durchqueren, und um weiterführend die nächste Rieslingschleife “Alleskönner Riesling” anzugehen. Rheingau ist Riesling, denn auf 80% der Rebfläche wird diese Rebsorte formvollendet herangezogen. Dabei ziehen sich alte Rebstöcke bis zu zwanzig Meter tief in den mineralhaltigen Boden der Landschaft. Am Sonnenhang der bekannten Lage “Martinsthaler Wildsau” schleift die zweite Rieslingschleife stetig aufwärts und verzieht sich nordwärts gen Kastanienallee, dort wo wertvolle Edelkastanien als Charakterbäume diesen Waldabschnitt besonders prägen. Kurzum – diese Streckenführung ist insbesondere zur Herbstzeit traumhaft, auch wenn noch ungebremst der störrische Herbstnebel die Aussichten in das Mainzer Becken unterbindet.

Restposten – denn die Weinlese ist abgeschlossen
Zu früher Stunde im Herbstnebel – das Brautpaar genießt das mystische Stimmungsbild im Wingert
Bester Buderusstahl wird im Kirchenhof von Martinsthal endgelagert
Einfach harmonisch – so das Ergebnis der flächigen Analyse der Herbstfarben im Weinberg
Aber auch die Details begeistern
Eine besonders feine Adresse für Weinverprobungen in exponierter Lage. Ab Ostern geht es wieder los -erreichbar ausschließlich zu Fuß
Auch wenn der Nebel im Weinberg stört – im Wald dagegen….
…ist großes Kino angesagt
Für Waldliebhaber ein Traum….
..und wer gerne mit der Kamera herumspielt kann sich, beispielsweise wie hier mit Mehrfachbelichtung, regelrecht austoben

Gefühlt ist diese Rieslingschleife viel zu früh zu Ende. Über die Rödchenkapelle, dort wo man in aussichtsreicher Lage eine Frühstücksrast einlegen kann, geht es zurück nach Martinsthal. Das einzige was nervt ist der ununterbrochene Lärmteppich, der von der von Wiesbaden kommenden vierspurig ausgebauten B42 durch das Rheintal wabert. So geht es nach dem Motto “Ohren zu und durch” auf einer Transferstrecke unterhalb des Nonnebergschlösschens hinüber zur nächsten Rieslingschleife “Rhein und Reben”, die vom Rheingauer Rebenmeer zum Leinpfad am Rhein führt. Sowohl die Verbindungsstrecke, als auch die dritte Rieslingschleife begeistert. Vorbei am Sonnenberghäuschen, einem weiteren zu empfehlenden Rastplatz, dort wo man das mit der kurfürstlichen Burg und dem mächtigen Kirchturm bereicherte Stadtpanorama von Eltville in Augenschein nehmen kann, wandert man durch die ausgedehnten Weinbergsflächen abwärts nach Oberwalluf, um weiterführend der Walluf folgend zum am Rhein gelegenen Weinprobierstand in Niederwalluf zu kommen, dort wo es nicht verboten ist, nach zwanzig Kilometern eine taktische Rieslingpause einzulegen.

Blick hinauf zum Nonnenbergschlösschen
Bereits seit 1654!! findet in Eltville die legendäre Kappeskerb statt
Empfehlenswert ist eine Einkehr im Haus(wein)boot Schwabbel in Niederwalluf

Runter vom Hausboot rauf auf den Leinpfad – so der Plan für die nächsten beiden Kilometer. Hier entlang der Rheingauer Riviera treidelte man einst Schiffe flussaufwärts gegen die Rheinströmung. Prächtige Villen und ein muschelbeladener Sandstrand können heute entlang des historischen Pfades bewundert werden. Vom Leinpfad führt der Weg zurück in den Südhang des Sonnenberges und weiterführend über weitere Weinbergtrassen, den Ortsrand von Eltville querend, über die ausgedehnten Kiedricher Weinbergslagen hinüber zur vierten Rieslingschleife dieses Tages. Die Strecke ist herrlich, denn man taucht regelrecht ein in die farbenfrohe Weinlandschaft. Sowohl die Burgruine Scharfenstein als auch die prägnante St. Valentinuskirche in Kiedrich bereichern das landschaftliche Panorama. An der Burgruine Scharfenstein ist der westlichste Ausläufer der Gesamtpassage erreicht und man wandert, die Rhein-Main Ebene im Osten und die weitläufige Wanderwegsführung über die Bubenhäuser Höhe im Norden im Blickfeld habend, zurück zum morgendlichen Ausgangspunkt am Ortsrand von Eltville.

Das Rheinufer bei Niederwalluf
Eingeschleppte Muscheln aus Asien sorgen für Strandfeeling am Rheinufer
Schon Bänkelsänger fragten sich: “Wieso ist es am Rhein so schön?”
Von Rieslingschleife zu Rieslingschleife vorbei an altem Gemäuer….
Und wenn die Sonne herauslugt setzt das große Leuchten ein
Nochmals “Nein” Es ist nicht die Toskana…..
Hartes Gegenlicht der Nachmittagssonne – ein Maler könnte es nicht schöner ausdrücken…
Abzocke am Kiedricher Weinprobierstand: Eine 0,4l Weinschorle mit 0,1l Weißwein und 0,3 l Wasser für sechs Euro ist unanständig. Ehrlicher wäre es das Produkt als Wasserschorle zu verkaufen. In der Pfalz hingegen gilt der Kodex dass eine Schorle aus 51% Weinanteil bestehen muss und das Glas eine Mindestgröße von 0,5l nicht unterschreiten sollte….
Erfreulicher hingegen sind diese Aussichten. Weinbergsgeometrie vom Feinsten….
Der Wendepunkt Burgruine Schärfenstein
Mit Blick auf das Mainzer Becken geht es zurück….
den morgendlichen nebelverhangenen Streckenverlauf mit der bewaldeten Bubenhäuser Höhe im Blicke habend

Vier tolle Rieslingschleifen auf einem Schlag! Wie bereits in der Einleitung beschrieben: eine fantastische 35 Kilometer lange Riesling-Quadrologie, abwechslungs- und erkenntnisreich und bereichert mit mehr als 1.000 Höhenmetern im Gesamten. Hier kann man getrost festhalten, was auch für Weinschorlen gelten sollte: die Mischung macht es eben.

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