Lutherweg 1521 Frankfurt-Friedberg

Frankfurt, den 05. Februar 2017 –

Sonntag 6.45 Uhr: Status ausgestorben. Dort wo werktags unweit der Hauptwache der Verkehr brodelt, dort wo sich in der angrenzenden Zeil stündlich 14.250 Passanten (Platz 3 im Bundesgebiet) durchschieben und dort wo 60.000 Banker in den Finanztürmen täglich Millionenbeträge jonglieren herrscht eine ungewohnte wohltuende Stille. Die Katharinenkirche an der Hauptwache noch verschlossen, der Platz an der Hauptwache selbst noch verwaist.  So führt der Lutherweg durch die Frankfurter Zeil. Sicherlich auch ein Alleinstellungsmerkmal, dass ein Pilgerweg mitten durch eines der belebtesten Konsumtempelareale unseres Landes führt. Der Name Zeil stammte übrigens aus dem 14. Jahrhundert, als zwischen zwei romanischen Stadttoren eine einseitige Häuserzeile (Zeil) errichtet wurde. Die Häuser sind längst Vergangenheit, der Name besteht nach wie vor.

Für Sonntagsgänger der beste Startort: Vis a vis des ältesten Parkhauses Deutschlands kann man direkt an der S-Bahnstation in der Stadtmitte sonntags kostenfrei parken.

 

Sternenklarer Himmel über der Katharinenkirche

 

Und gegenüber die ausgestorbenen Straßenschluchten in Downtown

 

Vis a vis der Katharinenkirche die Hauptwache, 200 Jahre nach Luther als barocker Wachbau errichtet – heute ein beliebtes Cafe

 

Ungewohnt – eine menschenleere Zeil

 

Die einzigen Zaungäste am frühen Morgen

 

Im Auge des Konsumtempels “My Zeil”

Der Markierung des Lutherweges folgend ist zwischen Nord-und Ostend via Friedberger Anlage rasch der Bethmannpark erreicht. Nach wenigen Minuten steht man vor der Martin-Luther-Kirche, ein markantes Sakralgebäude, welches aus einem neogotischen Turm  eingerahmt von zwei Glaskörpern besteht. Der Martin-Luther-Straße folgend ist rasch die moderne Wartburgkirche erreicht. Der schlanke Kirchenturm ist gleichzeitig auch als Bienenturm deklariert, da im unteren Turmdrittel Bienenstöcke unterhalten werden.

Die Frankfurter Lutherkirche. Von der alten Kirche blieb lediglich der Kirchturm unzerstört

 

Und dreht man sich um 180 Grad blickt man auf den 337 Meter hohen Ginnheimer Spargel

 

Die erste Luther-Straße am Pilgerpfad

 

und nebenan die architektonisch spannend gestaltete Wartburgkirche, errichtet in den 60er Jahren…

 

Inclusive Bienenstöcke im Kirchenturm

In östlicher Richtung geht es hinein in den Frankfurter Stadtteil Bornheim, dort wo die Silhouette eines Zwiebelturmes den Standort der barocken Johanniskirche preisgibt. Von Bornheim führt der Pilgerpfad zur vierten Kirche, in den Stadtteil Seckbach, die, obschon Sonntag, ebenso wie die anderen drei verschlossen ist, zumindest im Regelfall bis 10 Uhr, wie im Pilgerführer nachzulesen ist.

Die Bornheimer “Zwiwwelkersch” wie man in diesem Landstrich zu sagen pflegt

 

Klare Kante in Seckbach

 

Verzierte man Bornheim die Kirche mit einer Zwiebel, so recht sich in Seckbach eine schmale Spitze in den Himmel

Während ein spätstartender Pilgerer die Gelegenheit wahrnehmen kann zu  vorgerückter Vormittagsstunde in eine Kirche einzukehren, nutzt ein frühstartender Wanderer alternativ die Gelegenheit einen herrlichen Sonnenaufgang auf dem höchsten Berg Frankfurts, dem Lohrberg, zu genießen. Der Lohrberg – Weinberg, Äbbelwoi-Hotspot und Panoramahügel. Sightseeing mit einem New Yorker Central Park-feeling. Allemal ist dieses Areal ein beliebtes Naherholungsgebiet im Frankfurter Umfeld mit herrlichen Aussichten, ob im Sommer, an Silvester oder an einem klaren Februartag.

Alter Friedhof an der Seckbacher Kirche

 

Das Seckbacher Rathaus wurde 21 Jahre nach Luthers Gang Richtung Worms errichtet

 

Und wieder einmal mehr: Der frühe Vogel fängt den Sonnenstrahl. Ein gigantischer Sonnenaufgang am Lohrberg

 

Ein perfektes Szenario für einen Tag auf dem Pilgerpfad

 

Richtung Osten dampft es gewaltig

 

Blick auf die Frankfurter Skyline – in einer nicht alltäglichen Perspektive. Von links bei der EZB beginnend, nebenan der derzeit in Bau befindliche Henninger Turm 2.0 bis hin zum Messeturm am Westkreuz

 

Auch ein schönes Plätzchen, die Lohrbergschänke

Weiter geht es in nördlicher Richtung. So schnell man aus Frankfurt heraus kommt, so schnell ist man im angrenzenden Bad Vilbel. Vorbei an den Siedlungen Sudetenland und Heilsberg touchiert man westlich die an der Nidda gelegenen Bäderstadt, um den Niddaauen folgend sich wieder auf Luthers Originalpfad zu begeben. Dem Flußverlauf folgend wird Massenheim gequert, um nach drei weiteren Kilometern Frankfurts nördlichsten Ortsteil, Nieder-Erlenbach, zu erreichen. Von Großstadtflair keine Spur mehr. Hier überwiegt der Stallgeruch des Wetterauer Landadels. Die Kirche ist im dörflichen Umfeld zur angemessenen Gottesdienstzeit selbstverständlich geöffnet. Hier treffen übrigens auch drei Themenwege zusammen: der Waldenserpfad, der Bonifatiusweg (Mainz-Fulda) und der Lutherweg 1521.

Ein markanter Punkt, das Alte Zollhaus am Heiligenstock

 

Und Homer schmückt den Pilgerpfad auf dem Pfad Richtung Massenheim

 

Die Vilbeler Kirche am Heilsberg

 

Ein Methapher für Luthers Rückreise nach Eisenach: “Escape”

 

Ein stiller Beobachter in den Niddaauen

 

Massenheimer Auenkunst

 

Massenheimer Auenkunst II

 

Drei Themenwege auf einen Streich

 

Die Nieder-Erlenbacher Kirche

 

Der Erlenbacher Schuh, eine historische Maßeinheit, unter heutiger Sichtweise nicht wirklich spannend: schon die Schuhgröße 46 beläuft sich auf 29,4 Zentimeter….

Hinter Nieder-Erlenbach entfaltet sich die Kornkammer des Rheinmaingebietes, die Wetterau. Weitreichende Blicke über die flache Agrarlandschaft auf der einen Seite, bis hin zu den städtebaulichen Schmelztiegeln des Vorderen Taunus, von Bad-Homburg weiterführend nach Mainz-Wiesbaden auf der anderen Seite, bieten Wandergenuß pur. Einziges Manko: weit und breit sind keine Steigungen in Sicht. So geht es über Feld und Flur nach Petterweil, dort wo man in der Ortsmitte an der Martinskirche erstmals auf eine Lutherweg-Informationstafel stößt. Eine Besichtigung der sehenswerten Kirche ist leider nur nach Voranmeldung möglich. Allemal eine Empfehlung wert, ist die Einkehr im nebenan befindlichen Ristorante La Rosa. Dem hungrigen Pilgerer seien die Penne mit einer außergewöhnlichen Cognac-Sahne-Sauce sehr zu empfehlen. Luther hätte sicherlich auch seine Freude daran gehabt. Nach der Stärkung führt eine schöne Passage zunächst hinauf in einen Waldabschnitt am Altenberg.

Eines der raren Kreuze am Pilgerpfad. Nebenan im katholischen Franken dagegen stößt man dagegen auf Schritt und Tritt auf Wegekreuze und Madonnenstatuen

 

Die Wetterau auf der einen Seite

 

..und das Ballungsgebiet Vorderer Taunus auf der Anderen

 

Wetteraugeometrie

 

Und am Regionalparkstützpunkt Gauterin…

 

können die Vitalen Fußballgolf spielen

 

oder die älteren Semester den Golfschläger schwingen

 

Die Lutherlinde in Petterweil

 

Die erste Infotafel am Trail

 

Die Petterweiler Kirche, ursprünglich aus dem 8. Jahrhundert stammend

Sicherlich kann man an einen historischen  Pilgerweg nicht den Anspruch eines Qualitätswanderweges erheben, jedoch wäre eine wanderfreundlichere Variante Richtung Friedberg durchaus wünschenswert. Die Passage nach bzw. durch Nieder-Wöllstadt via Okarben  lässt keinen Raum für Besinnlichkeit, die ein Pilgerpfad üblicherweise mit sich bringt. Fernab der morgendlichen Sonntagsstille im Frankfurter Zentrum tobt hier der Verkehr auf der unmittelbar am Pilgerpfad gelegenen Bundesstraße. Erst hinter Ober-Wöllstadt reduziert sich der Lärmeintrag, jedoch auch die Passage in das Friedberger Zentrum lässt keine rechte Freude aufkommen. Der ehemalige amerikanische Kasernenkomplex riegelt die Stadtmitte nach Süden hin ab. So geht es durch einen langen Bypass über das Friedberger Industriegebiet hinein in die mittelhessische Kreisstadt. Vor 500 Jahre war es sicherlich angenehmer die ehemalige freie Reichs- und Messestadt zu Fuß zu erreichen.

Sehr fürsorgliche Beschilderung!

 

Vorbei am Pfadfindercamp

 

Für was ist eine Bank sonst da??????

 

Da tropft noch die Farbe…. frisch markiert

 

Kult – ein uralter Bulli

 

Mittlerweile auch schon Kult: Die Bibel auf Bierdeckel

 

Die Nieder-Wöllstädter Kirche

 

und nebenan das historische Rathaus

Die erste Pilgerstätte der postmodernen Generation die man in Friedberg erreicht, ist an einem Kreisel gelegen und erinnert an Elvis Presley der hier von 1958  bis 1960 als Soldat seinen Militärdienst ableistete. Nach insgesamt 43 Kilometern ist die mächtige Stadtkirche „Unserer lieben Frau“ erreicht. Der Innenraum der gotischen Kirche besticht durch seine mächtigen Pfeiler und erinnert durchaus auch an die insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern vorzufindende Backsteingotik.

Naturskulptur im Winterkleid

 

Memorial an den King of Rock,n Roll in Friedberg

 

Die mächtige Friedberger Stadtkirche

 

Vorbei am Wetterauer Museum

 

Keine surreale Kunstobjekte sondern Wetterauer Torpfostenbekrönung aus dem 17. Jahrhundert

 

Der mächtige Innenraum der Friedberger Kirche

 

Reich die Geschichte der Friedberger Innenstadt

 

ablesbar an allen Ecken..

 

und Enden…

 

..auch mit einer gewissen Tragik verbunden

Auch wenn man hinsichtlich der Wandertextur im letzten Abschnitt dieser Passage Abstriche machen muss, kulturhistorisch betrachtet ist der zu spannende Bogen von Frankfurt hinein in die Wetterau zweifelsohne spannend. Die Wegekennzeichnung ist durchgängig vorbildlich. Von Friedberg aus eröffnen sich zwei Optionen, eine Ost- und eine Westroute. Auf dem Weg in das 217 Kilometer entfernte Eisenach steht als nächste Passage die Ostroute in das 55 Kilometer entfernte und im Vogelsbergkreis gelegene Mücke an. Bei wohlgefälligen Strecken und kulturhistorisch interessanten Ortschaften wie Hungen und Grünberg  ist mit einer interessanten Tour zu rechnen.

Und zurück per S-Bahn zur B-Ebene, dort wo statt Fachwerk zeitlose Fliesenkunst die Problemebene dekoriert

 

..und in eine der dunklen Ecken des Areals eine Tag-Galerie

 

Der Kreis schließt sich – zurück an der Frankfurter Hauptwache

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*