Wüstensachsen, den 27. August 2017 –
Welch ein Name – welch ein Weg. Jedoch, nicht die Buchen, sondern die Kelten waren nach Einschätzung von Sprachwissenschaftlern für die Namensgebung dieses Landstriches verantwortlich. Buchonia – eine historische Bezeichnung für die osthessische Rhön – von der Wortbedeutung als „Hügelland“ auszulegen. 2014 hob der Rhönklub diesen faszinierenden Rundwanderweg aus der Taufe. Dabei wurden vier vorhandene Wanderwege mit landschaftlichen Höhepunkten verknüpft , mit dem Ergebnis, dass seitdem eine außergewöhnliche Wanderstrecke im Herzen der Hochrhön die Wanderherzen höher schlagen lässt.
Gestartet wird am Ortsrand des hessischen Wüstensachens. Der Ortsname ist Programm. Vermutlich im 8. Jahrhundert besiedelten Sachsen den Landstrich, verließen jedoch die Region wieder und die Ortschaft mutierte zur Wüstung, bevor sie im 12. Jahrhundert wieder besiedelt wurde. Vom Ortsrand des 1200 Seelen zählenden Weilers führt die Markierung des Buchoniarundwanderweges, einem schwarzen B auf weißem Spiegel, in das bewaldete Areal des Schafsteins, ein oberflächlich betrachtet unspektakulärer 831 Meter hohe Hügel, der es jedoch in sich hat.
Bereits auf den Wiesenflächen am Waldesrand bemerkt man ausgeprägte maulwurfshügelähnliche Verwerfungen. Bei näherer Betrachtung erkennt man Basaltgestein, welches mit Moos und Flechten überzogen ist. Schon nach wenigen Metern im Bergwald eröffnet sich für den Wanderer ein außergewöhnliches und faszinierendes Spektrum. Auf dem Schafstein, in der Kernzone des Biospährenreservats Rhön gelegen, befindet sich die größte Blockgletscheransammlung der Rhön. Eine 240 Meter lange und 100 Meter breite Basaltblockdecke kann man, wenn man oben angelangt ist, auf der Nordwestkuppe des Berges bestaunen. Der Weg dahin –einfach spektakulär. Moosbewachsene Gesteinsbrocken, Totholz welches die mystische Note der vulkanischen Gesteinslandschaft betont, mächtige Buchen, bizarre Formen des eingewachsenen Edellaubholzbestandes. Müsste man eine Bilderbuchlandschaft für ein wunderbar wanderbares Waldsszenario entwickeln – hier könnte man sich Anregungen zur Genüge holen.
An der Kuppe angekommen eröffnet sich eine neue Blickachse gen Osten. Witterungsbedingt ist wegen Diesigkeit der Weitblick jedoch eingeschränkt. Zögerlich arbeitet sich die Morgensonne durch den bewölkten Himmel, um in der Folge das moosbegrünte Gestein effektvoll in Szene zu setzen. Aus gestalterischer Sicht fehlt nur noch der morgendliche Nebel, der dem Ganzen die Krone aufsetzen könnte.
Es fällt schwer, sich loszureißen von diesem Natur-Hotspot. Der offiziellen Wegemarkierung folgend geht es sehr steil auf einem nicht wirklich ausgebauten Wanderweg abwärts. Erosionsbedingt ist die Passage bei nassem Wetter nicht wirklich zu empfehlen.
Raus aus dem Wald – hinein in die Wiesenlandschaft der Rhön. Mit rhöntypischen Weitsichten führen die nächsten Kilometer durch die heimischen Agrarflächen Richtung Seiferts. In diesem Abschnitt muss man jedoch gut aufpassen und sollte nicht blindlings der Wanderwegsmarkierung folgen. Im Gegensatz zu dem benachbarten Wasserkuppenrundweg, der durch den Rhönklub exzellent ausgeschildert und markiert ist, schwächelt die Wegekennzeichnung insbesondere in diesem Abschnitt. Scheinbar als Zubringerweg klassifiziert und/oder auch streckenänderungsbedingt wird man mehr als einmal verleitet in die falsche Richtung zu laufen. Hier bewährt sich einmal mehr der Einsatz eines GPS-Gerätes.
Zügig geht es durch den Ortsrand von Seifert, um in den Birxgraben, einem Zufluß der Ulster, einzusteigen. Hier in der Nähe befindet sich auch das Länderdreieck Hessen, Bayern, Thüringen.
Bald ist das nächste Highlight des Trails, das Schwarze Moor, erreicht. Es empfiehlt sich nicht den markierten Wanderweg bis zum Eingangstor des Schwarzen Moors durchzulaufen, sondern bereits auf Höhe des Aussichtssturms des Moorgebietes die Straßenseite zu wechseln um hier in den Moorpfad einzusteigen.
Omen est nomen. Das Schwarze Moor liegt bereits im schwarzen bayrischen Hohheitsgebiet und ist mit 67 Hektar das größte Moor der Rhön und eines der bedeutendsten Hochmoore Mitteleuropas. Auf der Wasserscheide zwischen Rhein und Weser gelegen, ist ein zwei Kilometer langer lehrreicher Moorpfad auf Holzbohlen angelegt. 110 Schneetage, 200 Nebeltage und eine hohe Niederschlagsrate kennzeichnen dieses Gebiet. Man ist tunlichst beraten auf dem Holzsteg zu bleiben – ein Fehltritt wäre unangenehm, auch wenn die Gefahr komplett zu versinken gering ist. Die letzte gut erhaltene Moorleiche wurde hier übrigens 1955 geborgen.Auch vor dem offiziellen Moorausgang kann über einen Bypass auf den Buchoniarundwanderweg hinüberwechseln – so hat man geschickt und ohne größeren Umweg das Schwarze Moor auf dieser Passage integriert.
Zunächst über einen schönen Waldsteg, dann über eine weite Wiesenlandschaft so sollte der Weg zum Eisgraben, einem vier Meter hohen Wasserfall führen. Mangels Ausschilderung verpeilt – so geht es wasserfallaussichtslos durch eine schöne Waldpassage abwärts Richtung Hillenberg . Zur Streckenhälfte würde sich eine Einkehr in der hier befindlichen Schloßbergschänke anbieten, jedoch sollten Wanderer mit einem ausgedehnten Tagesprogramm den 600 Meter langen Umweg (Hin-und Rück) nicht in Erwägung ziehen. Der Service des Gasthofes -schlichtweg gruselig. Auch nach 45 Minuten Wartezeit ist man nicht in der Lage einen kleinen Imbiss zu servieren. Glücklicherweise gibt es im Umfeld bessere Einkehrmöglichkeiten.
Die drei Kilometer entfernte Rother Kuppe kann man getrost links liegen lassen um nach weiteren zwei Kilometern in der zu empfehlenden Thüringer Hütte einzukehren, die direkt am Wanderweg liegt und trotz regen Betriebes eine rasche und zügige Bedienung gewährleistet. Im Umfeld der Thüringer Hütte touchiert man auch den Franziskusweg, der von einigen Skulpturen flankiert wird.
Leicht aber steigt aufwärts gehend führt die weitere Passage auf herrlichen Wegen zum nächsten Highlight der Tour, dem Gangolfsberg. Zunächst passiert man die Frauenhöhle, eine der seltenen Basaltnaturhöhlen. Der Eingang ist allerdings vermauert, da Einsturzgefahr besteht. Bald hat man die Kuppe des Berges erreicht, dort wo sich einst die St. Gangolfskapelle befand. Heute erinnern nur noch ein Holzkreuz und einige kärgliche Steinreste an den sakralen Ort.
Auf knorrigen Wurzelpfaden, immer wieder flankiert von moosbeflanktem Gestein, geht es durch den markanten Blockschuttwald. Durch Zersetzung abgestorbener Pflanzenteile und Verrottung von eingewehten Laub entstand eine Humusauflage, die als Nährboden für hier ansässige tiefwurzelnde Bäume dienten. Grandios das Szenario, das sich hier dem Wanderer bietet. Insbesondere an einem sonnigen Herbsttag muss das Areal zur vollen Geltung kommen.
Hinter der Bergkuppe schlängelt sich der Wanderweg hinab zur Teufelskanzel. Folgt man allerdings der offiziellen Wegekennzeichnung, so hat man keine Chance das spektakuläre Basaltsäulenareal zu besichtigen. Hier empfiehlt es sich den Weg zu verlassen um unterhalb der Teufelskanzel der parallel verlaufenden Trasse zu folgen.
Weiter geht es über die Wiesenlandschaft der „Langen Rhön“ zu einem Basaltsee, wo man nochmals die Gelegenheit hat am hier befindlichen Kiosk zu einer Kurzrast einzukehren und sich zu stärken, bevor der Schlussanstieg zum 925 Meter hohen Heidelstein erfolgt, dessen Gipfel man in der hiesigen Region auch als „Schwabenhimmel“ (woher auch kommend?) bezeichnet. „Anstieg“ ist jedoch übertrieben. Der Berghügel, der in der „Langen Rhön“ liegt ist unspektakulär zu besteigen. Einzig der riesige Sendemast erleichtert die Lokalisierung der Anhöhe.
Vom hiesigen Gipfel sind es noch 1,5 Kilometer bis zum Roten Haus, der Eingangspforte zum Roten Moor. Da dieses Areal bereits auf dem Wasserkuppenrundweg vor drei Wochen hin- und ausreichend besichtigt wurde, empfiehlt es sich durch eine versteckt liegende Waldschneise den Rhönrundwanderweg No. 6 zu folgen, um nach fünf weiteren Kilometern Wüstensachsen, den Startpunkt der Exkursion zu erreichen. Möchte man das Rote Moor, der Schnittpunkt wo Wasserkuppenrundweg und Buchoniarundweg aufeinandertreffen noch integrieren, so kann man noch fünf zusätzliche Kilometer inklusive Moorbesichtigung hinzurechnen.
Nach 46 Kilometern und knapp 1.400 Höhenmetern ist eine mehr als beeindruckende Wanderung zu Ende. Der Rhönklub empfiehlt zur Freude der heimischen Beherbungsbetriebe zwei bis drei Tage für den Buchoniarundwanderweg vorzusehen. Kann man – muss man aber nicht. Sicherlich auch nicht zu verachten ist es diese Passage im Herbst oder im Winter zu absolvieren, wobei man an zwei Tagen durchaus den Buchoniarundwanderweg und den Wasserkuppenrundweg absolvieren kann – wenn man möchte.
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