Mannheim/Rheinau, den 12. Januar 2019 –
Die zweite Etappe auf dem vom Odenwaldklub ausgewiesenen Wanderweg setzt in Rheinau südlich des Mannheimer Zentrums ein. Man merkt, dass Richtung Süden die starke industrielle Ausprägung, die sich insbesondere am Wirtschaftsstandort Ludwighafen/Mannheim konzentriert, langsam ausläuft. Studiert man die Wanderkarte so verdeutlicht sich insbesondere auf dieser Passage im Abschnitt zwischen Rheinau und Rheinsheim der mäandernde Verlauf des Altrheins. Im 19. Jahrhundert war es Ziel, den Rhein für die Schifffahrt auszubauen. Um möglichst wenig Erde zu bewegen arbeitete man seinerseits mit Durchstiche um den Fluß zu verbreitern und zu beegradigen. Das Durchstechen der Mäander verkürzte die Strecke zwischen Basel und Bingen um immerhin 81 km.
Vom Bahnhof Rheinau geht es zunächst drei Kilometer durch das am Rheinauhafen angesiedelte Industriegebiet, um direkt in das 650 Hektar große Naturschutzgebiet Schwetzinger Wiesen einzutauchen. Eine handvoll ehemaliger Tongruben prägen dabei diesen Naturraum.
Heute sind die Schwetzinger Wiesen eine vom Rhein geprägte Auenlandschaft, die reich strukturiert ist und ein vielfältiges Mosaik verschiedenster Biotope aufweist. Das Spektrum reicht von Altrheinarmen, Auwald und Verlandungsbereichen, über ehemalige Tongrubengelände, die heute mit Wasser gefüllt sind, Röhrichte und Schilfareale bis hin zu weiten Pfeifengraswiesen, die von artenreichen Buschsäumen begrenzt sind. Das Gebiet ist geprägt durch jahrhundertelange Nutzung (Landwirtschaft, Tongruben, Ziegeleien, Waldrodung, Wiesenwirtschaft und Kiesabbau), die nach der Ausweisung als Natur- und Landschaftsschutzgebiet in den meisten Bereichen zum Erliegen kam. Seither wird versucht, das Gebiet möglichst naturnah zu gestalten. So entstand beispielsweise der heutige Anglersee des ASV Rohrdorf 1965 durch das Ausbaggern von 1,7 Millionen Kubikmeter Kies, die für den Ausbau der Autobahnstrecke Mannheim-Walldorf benötigt wurde.
Während der Schiffskehr die Abkürzung des begradigten Rheins nutzt, darf Wandersmann/frau die ausladenden Schleifen der Altrheinarme in Anspruch nehmen., So kommt man locker auf den Faktor 1,8; das heißt pro Rheinkilometer darf man 1,8 Wanderkilometer veranschlagen. Dies gestaltet natürlich den Streckenverlauf attraktiv und ist eine gute Gelegenheit in die Naturräume des Rheins einzutauchen.
Vorbei am Ketscher Rheinwald, der sich, dem ursprünglichen Rheinverlauf entsprechend, wie ein großes Halbrund entlangzieht, erreicht man nach drei Kilometern das Ortsende der Kommune Ketsch. Hier hätte man Gelegenheit über eine Holzbrücke den Altrhein zu passsieren, um die Ketscher Altrheininsel intensiver zu erkunden. Jedoch der heutige Wanderauftrag läßt hierfür keine Zeit. So führen die nächsten beiden Kilometer parallel der K 4250 folgend am Landeplatz Herrenteich zurück zum Rheinufer. Unterhalb der A61-Brücke erblickt man auf der gegenüberliegenden Seite die ersten Ausläufer der Domstadt Speyer.
Der mit einem blauen “R” auf weißem Spiegel markierte Wanderweg schneidet den Rheinbogen an dieser Stelle, um auf das südöstlich gelegene Altlußheim einzuschwenken. Von weitem kann man die vier mächtigen Türme des fünf Kilometer entfernten Doms zu Speyer erkennen. Altlußheim am Rande streifend geht es weiter nach Rheinhausen, dort wo nach 25 Kilometer die erste Rast eingeplant ist. Weit über die Grenzen der Stadt bekannt ist die “Alte Post” ein Traditionslokal, 1552 von der Familie Thurn und Taxis als Poststation eingerichtet und heute über die Stadtgrenzen für seine bodenständige Badener Küche hochfrequentere. Jedoch zu Jahresbeginn sind Betriebsferien angesagt, so gilt es im benachbarten Oberhausen-Rheinhausen alternativ einzukehren.
Nach der Pause ist vor der Pause. Weiter geht es im bewährten Muster. Von Oberhausen taucht man wieder in eine der nächsten Altrheinschleifen ein. Der Philippsburger Altrhein, so die offizielle Bezeichnung des folgenden Abschnitts. Nebenan befindet sich die Altrheininsel Korsika, deren Name von Napoleons Geburtsinsel abgeleitet ist, der während einer seiner Feldzüge sein Lager hier aufgeschlagen haben soll.
Daran schließt sich die Rheinschanzinsel an. Zwischen Napoleon und dem Atomzeitalter liegen nur drei Kilometer. In unmittelbarer Nachbarschaft des naturbelassenen Altrheinareals erheben sich die mächtigen Kühlturmboliden des Atomkraftwerkes Philippsburg. Seit 2017 ist Block I bereits stillgelegt, für 2020 ist die Sprengung beider Türme eingeplant. Spannend wird sein, wo 38.000 Tonnen, nach Angaben “minimal strahlender” Bauschutt verbracht werden wird.
Die Lasten der Vergangenheit, die noch Generationen beschäftigen wird, im Rücken habend, geht es die nächsten Kilometer immer dem Rhein folgend kerzengerade zur Rheinbrücke Germersheim. Dank der strategischen Lage des dortigen Bahnhofs Mitte wird der Gang über den Rhein gewählt um per S-Bahn zurück nach Mannheim zu fahren.
Auch die zweite Passage des Rheinauenweg ist bestens geeignet für eine Winterpassage. 41 Kilometer in toto, vollgepackt mit Eindrücken einer gewaltigen Flußlandschaft. Die nächste Passage über die gleiche Streckenlänge, die Richtung Karlsruhe führt, wartet schon darauf demnächst entdeckt zu werden.
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