……….war, soweit bekannt, nach theologischer Überlieferung nur einem Mann vor 2.000 Jahren möglich. 2016 n.C. installierte der mittlerweile verstorbene Aktionskünstler Christo Floating Piers auf dem Lago d,Iseo und ermöglichte dass eine halbe Million Menschen über das Wasser wandeln konnten. 2023 kann man auf dem benachbarten Lago di Garda zwar nicht direkt auf dem Wasser gehen, jedoch kann man dem Sehnsuchtsort deutscher Touristen buchstäblich auf den Grund gehen. “Der Gardasee trocknet aus, die Touristen genießen es” meldet Focus Online. “Gardasee nur noch zu 38% gefüllt” berichtet die Allgäuer Zeitung und die Tagesschau alarmiert mit der Meldung “Wasser sparen am Gardasee”
Sirmione, den 23. April 2023 – Gestartet wird mit der Seebodenwanderung entlang des größten Süßwassersees Italiens in der historischen Altstadt von Sirmione, eine der schönsten Kommunen am Lago di Garda. Bereits die Römer genossen hier die warmen Heilquellen und die beeindruckenden Ruinen eines großen römischen Landhauses aus dem 2. Jahrhundert, sowie eine ehemalige Wasserburg, machen Sirmione zu einem hochfrequentierten touristischen Hotspot.
Gerade einmal 210 Meter breit ist die Halbinsel im Zentrum der Altstadt. Ostwärts geht es auf die Passaggiata delle Muse, einem Panoramaweg, der zur 650 Meter entfernten Thermenquelle führt. Regulär endet am Lido delle Bionde der Fußweg und man müsste, um die Inselspitze zu erreichen, in nordwestlicher Richtung aufsteigen. Jedoch bedingt durch den geringen Pegelstand des Sees kann man die Halbinsel komplett über die freigelegten Felsplatten umrunden. Dort wo man ansonsten per Boot zu den Blubberblasen der unter Wasser sprudelnden Thermalquellen gefahren wird, kann man unproblematisch zu Fuß das Areal erreichen.
So faszinierend die Umrundung der Halbinsel zu Fuß ist, so erschreckend die Auswirkungen der Dürre in der norditalienischen Region. Die Idylle hat einen trockenen Beigeschmack: Wenig Schnee in den umliegenden Bergen, wochenlang kein Regen. Per se fehlen 60 Zentimeter im Wasserpegel. Bereits 2022 zerstörte eine Rekorddürre die Ernten in der Region und die Befürchtung, dass sich die schlimmste Dürre seit 70 Jahren fortsetzt, ist groß.
Von der Altstadt geht es raus – den Gardasee am südöstlichen Rand gen Lazise umrundend. Stattliche Appartements und gepflegte Campingplätze nebst entsprechender Infrastruktur ermöglichen hier einen komfortablen Aufenthalt. Tagesgäste die hier anreisen genießen die gastronomischen Einrichtung entlang der Uferpromenaden. Wer hier jedoch mit wachem Auge unterwegs ist entdeckt auf Schritt und Tritt die Schleifspuren der klimatischen Veränderungen. Hinter Lugana zeigt sich auf dem Abschnitt gen Peschiera del Garda einmal mehr wie sich der See von der Uferbefestigung entfernt hat. Am Porto Fornaci wird beispielsweise das Hafenbecken ausgebaggert, damit Touristenboote anlegen können. Auf freigelegten Uferzonen entfaltet sich ein modriger Geruch, dort wo sich Muschelablagerungen und allerlei Grüngewächs sesshaft gemacht haben. Tretboote liegen zunächst saisonbeding noch auf Halde – jedoch bei anhaltenden Wassermangel wird man hie und da neue Wege beschreiten müssen, um selbige zum Wasser zu bringen.
Von Peschiera del Garda wandert man ausschließlich auf gut befestigten Promenadewegen vorbei an gewaltigen Campingplatzarealen in das zehn Kilometer entfernte Lazise. Wer an Wochenenden und in der Hauptsaison die Strecke mit dem Auto zurücklegen möchte, kann sich hier durchaus auf Schrittgeschwindigkeit auf der Asphaltposte einstellen. So ist es durchaus komfortabler entlang des Sees zu wandern oder zu radeln, denn notfalls kann man per Fähre zurückfahren. Außergewöhnlich die Begleitumstände dieser Exkursion. Auf halber Strecke zwischen Peschiera und Lazise kündigen mächtige Donnerschläge aus dem Trentino ein gewaltiges Gewitter an. Beeindruckend die Geschwindigkeit der herannahenden Wetterfront. Sonnenschein auf der Südseite und ein sich mehr oder minder schwarzblau einfärbender Gebirgszug gegenüber. Blitzartig verschwindet regelrecht der diagonal gut 30 Kilometer entfernte Westküstenzipfel um Gargagno, Beeindruckend das Lichtszenario, welches sich bei solchen Wetterbedingungen in der Seenlandschaft einstellt. Offen bleibt nur die Frage wie dieses Rennen ausgeht. Am Ende steht es unentschieden. Mit den ersten schweren Regentropfen erreiche ich den Hafen von Lazise, dort wo man unter einer Caffeemarkise das mittlerweile selten gewordene Lebenselexier dieser Region, Wasser von oben, genießen kann.
Eine knappe Stunde Gewitter mit heftigen Niederschlägen – von der Terrasse des Caffe Lacisium aus betrachtet keine Qual, sondern eine in mehrfacher Hinsicht willkommene Abwechslung. Vom nebenanliegenden Hafen erreicht man mit der Fähre den Ausgangsort Sirmione. So rasch das Gewitter aufzog, so rasch hält eine Schönwetterfront wieder Einzug. Eine gute Gelegenheit daher zur Abrundung dieser bemerkenswerten Tour erneut die Spitze der Halbinsel aufzusuchen, um abschließend die gewaltige ehemalige römische Festung aufzusuchen. Wer schon auf dem deutschen Limeswanderweg unterwegs war, konnte sich hie und da an Hand der bestehenden römischen Überbleibsel einen Einblick in die römische Kultur verschaffen. Jedoch kein Vergleich zu den gewaltigen Ausmaßen der ehemaligen römischen Villa in Sirmione. Das dreigeschossige Gebäude dehnte sich auf einer Fläche von 20.000 Quadratmeter aus. Fürstliche Badethermen, mächtige Veranden und gewaltige Panoramaterrassen, die in einem weitläufigen Olivenhain eingebettet waren, verdeutlichen noch heute den Prunk und Protz zu römischen Blütezeiten. Ein Besuch des Areals ist daher sehr zu empfehlen.
Dreißig beeindruckende Kilometer im südlichen Areal des derzeit spärlich befüllten Gardasees. Aus der Touristenbrille betrachtet ist der Gardasee in Gänze eine tolle Urlaubsregion. Malerische Häfen, urige Ortschaften, hervorragende Weine und Öle, Kulturstädte wie Brescia und Verona in der Nähe- das Ganze eingebettet in einem mediterranen Klima. Schon Goethe schrieb auf seiner Italienreise: „Ein köstliches Schauspiel, der Gardasee“. Die Kehrseite: In den sechziger Jahren waren die Orte am Gardasee noch kleine Fischerdörfer. Die heutige Bilanz: jährlich 27 Millionen Übernachtungen, vollgestopfte Küstenstraßen, fehlende Parkplätze, eine dünnes Busliniennetz, schlecht ausgebaute Radwege, eine anhaltende Trockenheit – fraglich ist nur wann die Region ihre Grenzen aufgezeigt bekommt.
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