Frankfurt, den 04. Dezember 2021 – Wege überwinden Grenzen und verbinden Menschen. Die Via Regia ist dabei die älteste und längste Straßenverbindung zwischen Ost- und Westeuropa, denn sie verbindet seit zweitausend Jahren mehr als fünfzig europäische Regionen auf einer Länge von 4.500 Kilometern. Zahllose Narben der Geschichte haben sich entlang der Strecke zwischen Santiago de Compostela und Kiew eingefräst. Ob Militärstraße im Heiligen Römischen Reich, Handelsstraße zwischen Frankfurt und Leipzig, Pilgerweg in verschiedenen Korridoren, Geleitstraße und Zollkorridor, bevorzugte Pendlerstrecke des französischen und russischen Hochadels zwischen Paris und Kiew, strategischer Feldzugskorridor von Napoleon – schier endlos wären die aufzuzählenden Geschehnisse.
Die heimatnahe Tour startet im Frankfurter Stadtteil Fechenheim, dort wo der Bahnhof Mainkur als geeignete Rückwegs-Zielankunft liegt. Nach den trüben Novemberwochen wird buchstäblich und ungewohnt die Lampe angeschaltet und so geht es sonnenaufgangsgestützt aufwärts nach Bergen-Enkheim, zum offiziellen Einstieg der “Hohen Straße” als integrativer Bestandteil der Via Regia.
Die Hohe Straße, nomen est omen, ist ein Höhenweg entlang der Wasserscheide zwischen Kinzig, Nidder und Fulda und weiterführend gen Vacha, Erfurt und Leipzig. So bewegt man sich permanent und unbewaldet, und daher aussichtsreich, auf der Höhe und genießt markante Ausblicke in die vielschichtige und spannende Mittelgebirgsregionen von Taunus, Vogelsberg, Rhön, Spessart und Odenwald einschließlich Bergstraße. Und je nach Standort und Wetterlage könnte man zudem den ein oder anderen Zipfel der Pfalz ausmachen. Kurzum, wer sich mit heimischen Mittelgebirgsregionen vertraut machen möchte kann sich hier einen ersten Überblick verschaffen.
Gerade einmal einen Kilometer trennen die beiden kleinen Waldabschnitte “Große Loh” und “Kleine Loh” die auf der Route der Hessischen Via Regia liegen. Auf der Strecke entfaltet sich eine der spektakulärsten Sichtachsen der bedeutenden Handelsstraße – der Blick auf die Frankfurter Skyline. Wie kaum von einer anderer Blickrichtung hat man die Gelegenheit die stadtprägende Silhouette vom EZB-Gebäude bis zum Messeturm zu betrachten. Sitz- und Liegepodeste bieten zudem an der Kleinen Loh die Möglichkeit mit gebührendem Abstand das markante Erscheinungsbild der vielleicht dörflichsten internationalen Großstadt dieses Erdballs zu bewundern.
Kunst wird übrigens groß geschrieben – zumindest entlang der Route der Hohen Straße, die zudem integrativer Bestandteil der Regionalparkroute Rhein-Main liegt, die sich ringförmig auf knapp 200 Kilometern um die Metropole Frankfurt legt. Viele Kunstobjekte bereichern dabei die Strecke und bieten neben den hervorragenden Aussichtsmöglichkeiten weitere gute Gründe die Strecke unter die Wandersohle zu nehmen. Auf der Westseite reihen sich die Ortschaften zwischen Bad Vilbel und Nidderau wie Perlen aneinander, während rechter Hand das markante Staudinger Kraftwerk, dessen Kohleblock 2025 platt gemacht wird, vor sich hinschlotet.
Zwischen Windecken und Roßdorf erreicht man einen markanten Punkt, den Wartbaum. Bereits um 1600 wurde hier eine Linde gepflanzt. Die hier eingebrachten Stelen, Fähnleinpyramide und Kaisertafel erinnern an die Ereignisse der letzten Jahrhunderte, die sich an diesem Standort zugetragen hatten.
Vom historischen Wartbaum führt der Höhenzug weiter gen Marköbel und Hammersbach. Nach der Querung der A45 schleift offiziell die Hohe Straße zunächst nordwestlich Richtung Eckartshausen nach Diebach am Haag. Kann man machen, jedoch empfiehlt es sich alternativ einem alten nicht gekennzeichnten Waldpfad in östlicher Richtung zu folgen. Lohn dieser Wegesalternative: ein schöner Blick auf die südlich gelegene Ronneburg.
Von Diebach am Haag aus schwenkt man ein in die Umlaufbahn der oberhessischen Stadt Büdingen, die nach insgesamt 41 Kilometern und nicht nennenswerten 500 Höhenmetern erreicht ist. Dieser hessische Abschnitt der Via Regia, in toto 0,9% des Gesamtweges zwischen Spanien und Ukraine eine geschichtsträchtige und gerade in dieser Jahreszeit sehr zu empfehlenswerte Passage – einsichtsreich und aussichtsreich.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar