Frankfurt, den 02. August 2014
42.000 Flugbewegungen, 5,8 Millionen Passagiere so die durchschnittliche Auguststatistik des Frankfurter Flughafens. Grund genug Bodenhaftung zu bewahren und im Rahmen einer Industriekul(t)ourwanderung den drittgrößten europäischen (weltweit Platz 12) Flughafen zu Fuß zu umrunden. Das knapp 2.200 Hektar große Areal kann man bei enger Auslegung in 25 Kilometern umrunden. Unter Einbeziehung der ein oder anderen Einkehrmöglichkeit und Sehenswürdigkeit bleibt der Wandertacho bei 37 Kilometern und unspektakulären 278 Höhenmetern stehen. Das Flughafenareal selbst ist in die knapp 190 Kilometer umfassende Regionalparkroute zwischen Kilometer 150 und Kilometer 168 einbezogen.
Als Einstieg empfiehlt sich der Kelsterbacher Staudenweiher. Einerseits lässt sich am Wochenende in diesem Gebiet das Fahrzeug gut unterstellen, andererseits kann man hier mit entsprechendem Timing eine gepflegte Mittagsrast im Gundhof bei Walldorf und ein zu empfehlendes Abschlußbier im besten Biergarten des Frankfurter Flughafens einplanen.
Bereits bei Anfahrt über den Kelsterbacher Grenzweg ist der Flughafen omnipräsent, auch wenn gefühlt und tatsächlich die Flughafenterminals deutlich entfernt sind von der Landebahn-Nord-West. Im Normalbetrieb landen je nach Windrichtung im 70 Sekunden-Takt die Fluggeräte auf der in 2011 in Betrieb genommenen Landebahn. Spektakulär für die auf der A3 befindlichen Autofahrer die beiden Abrollbrücken über der Autobahn, mit denen die neue Piste mit dem alten Rollfeld verbunden ist. Allemal augenfällig bereits auf den ersten Schritten – die Qualität der angelegten Rad/Fußwege nebst Halte- und Informationspunkte. Bemerkenswert auch die hohe Dichte der MP3-Träger unter den zahlreichen Joggern und Radlern auf den weitläufigen Wegen und Schneisen – als Kompensationsmaßnahme für den permanenten Lärmeintrag von oben. Was letztendlich für den Gehörgang gesünder ist, sei der einzelnen Betrachtungsweise überlassen.
Vorbei geht es am Mönchwaldsee, der zum Naturschutzgebiet Untermainschleuse gehört, und bedingt durch die naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen des Flughafenbetreibers mittlerweile das zweitgrößte Naturschutzgebiet Hessens ist. Augenfällig die Mönchsnamenhäufung in diesem Areal (Mönchbruch, Mönchhofdreieick, Mönchwald). 1211 wurde das damals aus 720 Morgen bestehende sumpfige Land, den Mönchen des Klostergutes Hassloch, das dem Kloster Eberbach im Rheingau gehörte, geschenkt. Sie nutzten das Gebiet für Viehweiden und zur Holzversorgung, und von ihnen rührt dann auch der volkstümliche Name `Mönchbruch´ her.
Die ICE-Strecke Frankfurt-Köln und die A 3 querend führt der weitere Weg Richtung “Alter Hegwald” dort wo Planesspotter mit Kühlboxen, Klappsesseln, Hightec-Kameras, Bestimmungshandbüchern, Tablets und Knopf im Ohr zum Abhören des Funkes ihr Hobby frönen. Von hier aus folgt man der 4.000 Meter langen Startbahn West. Der parallel westlich verlaufenden Mönchbruchallee folgend stößt man nach sechs Kilometern auf das Jagdschloss Mönchbruch, welches der jagdbessene Darmstädter Landgraf Ernst-Ludwig 1730 errichten lies. Derzeit werden die zum Jagdschloss gehörenden Pavillons saniert, um sie dem bestehenden Hotelbetrieb der gegenüberliegenden Mönchbruchmühle angliedern.
Weiter geht es durch das Naturschutzgebiet Mönchbruch entlang der Regionalparkroute zum Gundhof, einem historisches Gasthaus am Waldrand von Walldorf gelegen, mit Biergarten und einem 400 Jahre alten Gewölbekeller. Ein idealer Ort für eine gepflegte Mittagsrast. Der Regionalparkroute folgend geht es vorbei am historischen Rundweg “KZ-Außenlager Natzweiler”. Die Existenz des Walldorfer Lagers wurde erst im Jahre 1972 anlässlich eines Besuchs von Jugendlichen aus Mörfelden-Walldorf in Buchenwald entdeckt. Der historische Lehrpfad soll die Erinnerung an das lange vergessene Lager wachhalten.
Dem Gundbach folgend geht es zum Areal, dort wo mittelfristig das Terminal 3 errichtet werden soll und von dort aus weiter zum Luftbrücken-Denkmal. Im Mittelpunkt des1985 errichteten Geländes steht eine Skulptur eines angedeuteten Brückenbogens aus Beton, dessen drei Strahlen die drei Luftkorridore nach Berlin symbolisieren. Ein gleichgroßes Gegenstück steht seit 1951 am Berliner Flughafen Tempelhof . Daneben zwei “Rosinenbomber” Douglas C-47 und Douglas C-55. Einige 100 Meter weiter gelangt man zum größten Aussichtspunkt des Frankfurter Flughafens – wiederum ein begehrter Treffpunkt der Planespotter. Von hier aus hat man einen exzellenten Überblick über das weitläufige Flughafenareal. Für geschichtliche Interessierte empfiehlt sich von hier aus ein Abstecher zum Zeppelinmuseum in Zeppelinheim.
Unter dem Lärmteppich der A 5 und den über den Köpfen hinweg donnernden Flugzeugen geht es vorbei an den Gateway-Gardens zum Terminal 2 und von dort aus Richtung AirportCenter. Empfehlenswert ist ein Abstecher in das weltweit längste liegende Hochhaus (600 Meter) und gleichzeitig dem größten Bürogebäude Deutschlands (140.000 qm² Mietfläche), dem Squaire, um im westlichen Trakt im dortigen Paulaner Biergarten zu reellen Preisen zünftig einzukehren. Vorbei an den Lufthansa-Trainingscentern geht es die A3 querend zurück nach Kelsterbach. Eine durchaus ungewöhnliche aber auch hochspannende und kurzweilige Wanderexkursion.
Seit ich mein Rad hier habe, plane ich auch eine Umrundung, vom Gutleutviertel aus. Mal sehen, wann es soweit ist und ob ich es schaffe. Danke für die Beschreibung.
Herzlich gerne – wie schon beschrieben beeindruckt diese Tour in allen Dimensionen.