08. September 2024 – Just acht Wochen nach der ersten spektakulären Wanderwoche in den Dolomiten stand die zweite Passage im östlichen Dolomitengebiet an. Auf den Höhenzügen im Pustertal und in Alta Badia, so die geplante Fortsetzung durch die schönsten Berge der Welt. Gut wenn man plant – schlecht wenn der Plan nicht aufgeht und man mit außergewöhnlichen Wettereignissen wie einen Wintereinbruch Anfang September konfrontiert wird. Gut wenn man einen Plan B hat – und noch besser wenn er funktioniert.
Corvara – St. Kassian
Zweifelsohne ist diese Tour ein wunderbarer Einstieg in die hochalpine Dolomitenwelt und eine optimale Anknüpfung an die vorhergehende Best-of-Dolomiten-Passage. Gestartet wird in Corvara, dort wo 1946 die erste italienische Sesselliftstation in Betrieb genommen wurde. Von der Bergstation Col Alto steigt man in die attraktive Hochebene Pralongia, die man gerne auch als “Amphitheater der Dolomiten” bezeichnet. Kein Wunder, denn wie man sich dreht und wendet – im 360 Grad Fokus liegen die majestätischen Gipfel des Sella-Blocks, der Puezgruppe, der Fanesgruppe sowie andere Höhenzügen. Wer zudem im Bergsommer die Hochebene aufsucht, kann sich darüber hinaus an den großflächigen Blumenwiesen erfreuen.
Nach einer kurzen Waldpassage erreicht man die Hochebene der Pralongia. Mächtig kragen sich die umliegenden Gebirgsketten der Dolomiten in die Höhe, allen voran der gewaltige Sellablock, der sich just gegenüber in die Höhe streckt. Einzig die Vielzahl der zahlreichen wintersportlichen Einrichtungen tragen nicht wirklich zur Verschönerung des Landschaftsbildes bei, ein Preis den man als Hochgebirgswanderer zu zahlen hat. Ungeachtet dessen hat man am exponiert liegenden Knotenpunkt am Rifugio Pralongia die schönsten Sichtachsen auf der Hochebene.
Ob Rifugio Arlara, Rifugio Bioch oder Rifugio Pralongio, die Almhütten sind mittlerweile auf einem qualitativ hohen Ausstattungsniveau und überzeugen auch hinsichtlich einem angemessenen Preisleistungsniveau. Entlang der Grenze Südtirol/Venetien wandert man vom höchsten Punkt des Tages oberhalb des Rifugios Pralonngia in einer ausgedehnten Schleife eintausend Höhenmeter abwärts nach Sankt Kassian, dort wo man per Bus bequem zum Ausgangsort Corvara zurückfahren kann.
Pederü -Seekofelhütte – Pederü
Auch die zweite Tour auf der benachbarten Hochebene des Sennes im Naturpark Fanes-Sennes-Prags beeindruckt einmal mehr durch ein faszinierendes Alpenpanorama. Der einzige Unterschied: während die Pralongia von grünen Almwiesen geprägt ist, taucht man auf der Hochebene Sennes in eine fast schon surreal anmutende verkarstete Landschaft ein, die von schroffen Felsformationen eingerahmt ist. Hier bewegt man sich im Grenzkorridor Alto Adige und dem Trentino in zwei autonome Provinzen, die gemeinsam die Region Trentino-Südtirol bilden. Gestartet wird am Berggasthaus Pederü, die man über eine zehn Kilometer lange Mautstraße erreicht. Mächtig heftig zieht die alte Militärstraße am sogenannten Gamsensteig aufwärts zur Hochebene, wobei partiell Steigungen über 30 Grad zu bewältigen sind.
Obschon zahlreiche Wanderer unterwegs sind, verliert sich die Wanderschar im weitläufigen Areal. Eintauchen, abschalten und die Panoramen genießen, so die Tageslosung Als Ortsunkundiger muss man sich selbst immer wieder sortieren und die Karte heranziehen um sich angesichts der Bergvielfalt zu orientieren. Hinter jeder Biegung eröffnen sich immer wieder neue Sichtachsen und am langen Ende ist man überwältigt von der Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Eindrücke.
Abtei Badia – Fanes – St. Kassian
Spektakuläres war geplant. Aufwärts zum Heiligkreuzkofel, weiterführend die stramme Forcella de Medesc-Scharte unter die Wandersohle nehmend und in einem weiten Bogen über das Fanes-Plateau nach Sankt Kassian absteigend. Das Ganze veranschlagt mit einer Gehzeit von zehn Stunden – so der Plan. Jedoch die Vorboten eines gewaltigen Genua-Zyklons (immer wieder spannend zu lernen welche tollen Begriffe es in der Meteorologie gibt) machten diesen Plan zunichte. So musste Plan B greifen, denn bereits zur Mittagsstunde waren die ersten Vorboten eines gewaltigen Tiefausläufers angekündigt. Mittels Seilbahn lifteten wir uns daher hoch zur 2.045 Meter hohen Wallfahrtskapelle Heiligkreuzkofel und wanderten unterhalb der eintausend Meter hoch auskragenden Kreuzkofelwand zur Eingangspforte der Forcella de Medesc-Scharte, dort wo ursprünglich ein knackiger Anstieg hinauf zum Fanes-Plateau geplant war.
So bleibt ein wehmütiger Blick hinauf zum Schartenweg. Wer die Gelegenheit und entsprechendes Wetter hat, sollte auf jeden Fall diese Passage in Angriff nehmen. Alternativ bietet es sich an von St. Kassian aus über den Col de Logia zur Berghütte Ucia de Gran Fanes aufzusteigen. Großartige Ausblicke sind hier garantiert. Wir hingegen müssen diesmal die Light-Variante beanspruchen und drehen am Scharteneingang ab, um den Steilabstieg gen St. Kassian in Angriff zu nehmen. Von dort aus folgen wir einem Kunstweg, der begleitend zum Flußverlauf des Ru de San Ciascian zurück nach Badia Abtei führt.
Wintereinbruch Anfang September
Unglaublich – aber auch nicht ungewöhnlich. Im Hochgebirge ist man niemals vor Überraschungen gefeit. Der Genua-Zyklon beschert an diesem Tag einen Wintereinbruch, zunächst in den Dolomiten und weiterführend in den Folgetagen mit verheerenden Auswirkungen in den nordöstlichen Gebieten von Österreich, Tschechien und Polen. Die Schneefallgrenze sinkt auf 1.500 Meter Höhe und jenseits von 2.000 Metern fallen mehr als vierzig Zentimeter Schnee. Ergo ist Notprogramm angesagt und tageweise wird im Weiteren zu entscheiden sein. Für diesen Tag bleibt nur eine Alternative: zwei attraktive Museen auf dem 2.275 Meter hohen Kronplatz – mit Gästekarte der Region sogar kostenfrei zu besuchen.
Winterwanderung zum Strudelkopf
Eingeplant war eine Tour vom Brückele hinauf über die Plätzwiesen zum Strudelkopf, jedoch nicht unter diesen Vorzeichen. Am Tag nach dem Wintereinbruch überzog eine dicke Schneedecke die hochalpinen Zonen der Dolomiten. “Schauen was geht”, so unsere Devise. Immerhin war es möglich per Bus hinauf zu den Plätzwiesen zu fahren, um von dort aus zu prüfen wie weit man gehen kann, und wie man selbst einen Temperatursturz von mehr als 20 Grad (gefühlt dank starken Windböen – 35 Grad) verkraftet. Noch waren zu früher Stunde keine Wanderer unterwegs – einzig die Almbauern waren schon seit Stunden im Einsatz.
Hundert Höhenmeter unterhalb des Strudelkopfes, der gewöhnlich ein exzellenter Aussichtspunkt ist, entscheiden wir uns zur Umkehr. Wenn ein 193 cm großer Wanderer mit den Knien im Schnee versinkt, und man nicht Reinhold Messner heißt, dann sollte es genug sein, so die Erkenntnis auf dem Dolomitenhöhenweg No. 3. Was bleibt ist das sicherlich außergewöhnliche Winterfeeling im September. So ist Rückzug angesagt, zunächst zurück zur Plätzwiese zu einer zünftigen Einkehr, bevor es weiter bergab zur Busstation Brückele geht.
Cinque Torri
Ohne Frage war eine weitläufige Drei-Zinnen-Umrundung ein Bestandteile der eingeplanten Best-Dolomiten-Reihe. Jedoch machte ein wetterbedingter Murenabgang dieses Vorhaben zunichte. Rasch wurde eine Alternative eingeplant, denn nach den aktuellen Wetterinformationen war im südlichen Bereich der Dolomiten im Trentino mit einer deutlichen Wetterberuhigung zu rechnen, so dass eine nicht minder spektakuläre Tour in Angriff genommen werden konnte, der Cinque Torri-Rundweg oberhalb von Cortina d,Ampezzo. Gestartet wurde am Rifugio 5 Torri, dort wo man üblicherweise gegen den Uhrzeigersinn hinauf zu den Cinque Torri aufsteigt. Wir entschieden uns jedoch im Uhrzeigersinn aufzusteigen, was im Nachgang betrachtet die bessere Entscheidung gewesen war, da teilweise vereiste Wege und eine Steilpassage im Zentralmassiv der Gebirgskette besondere Anforderungen stellten.
Die zweite Runde der Best-of-Dolomiten-Exkursion außergewöhnlich aber beeindruckend. Auch wenn drei Touren nicht wie geplant ausgeführt worden konnten, so bleibt die Erkenntnis, dass man im Gebirge immer mit Überraschungen rechnen muss, dass es aber auch unter besonderen Bedingungen immer eine Handlungsoption gibt, und das ist am langen Ende dass, was den Wandersport auszeichnet. Bleibt die Zuversicht, dass es in 2025 eine dritte Auflage der Best-of-Dolomiten-Reihe geben wird, denn es gibt noch einiges zu entdecken…..
Hallo Martin und ich glaube Karlheinz war auch dabei. beeindruckende Bilder und Beschreibung der fantastischen Bergwelt. Tolle Routenvorschlaege. wir fahren morgen nach Seis am Schlern und werden Mal sehen was das Wetter an Herausforderungen uns bietet.
viele Grüße Wanderwaldi und Gudrun
Halle Ihr Beiden, herzlichen Dank. Euch viel Spaß in der herrlichen Dolomitenwelt und ich drücke die Daumen, dass Ihr ohne Strickmütze, Handschuh und langen Unterhosen tolle Herbsttage geniessen könnt. -Martin-