Lorch, 7. Juni 2014
Die beiden Premiumwege Rheinsteig und Rheinburgenweg sind trotz einer halben Million Wanderer pro Jahr noch immer für eine Pionierleistung gut. Den Beweis lieferten am Pfingstwochenende die Finisher der 24-Stunden-Wanderung „Mittelrheintal pur“. Erstmals organisierte der Geisenheimer Natur- und Landschaftsführer Wolfgang (Django) Blum eine Tour, bei der die Wanderer nicht nur zwei Bundesländer (Hessen und Rheinland-Pfalz), sondern auch zwei Top-Trails – und zwar auf beiden Seiten des Unesco-Welterbes Oberes Mittelrheintal – kennenlernten.
Im Ziel in Lorch, wo 66 Wanderer 24 Stunden zuvor gestartet waren, gratulierte Blum am Pfingstsonntagmorgen 54 überglücklichen Finishern: „Ihr wart Spitze!“ Ihnen war gelungen, was die Mehrzahl der Teilnehmer noch 24 Stunden zuvor nicht zu hoffen wagten: einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang non-stop auf dem Rheinsteig und dem RheinBurgenWeg zu wandern. Das Besondere an „Mittelrheintal pur“ war der Charakter der Wanderung: Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe bildet mit Blick auf ein gemeinsames Ziel für 24 Stunden ein Team. In ihm steht nicht nur die Leistung des Einzelnen, sondern vor allem der Erfolg möglichst vieler Teilnehmer im Blickpunkt. „Alleine hätte ich das kaum durchgehalten!“ lautete die übereinstimmende Einschätzung vieler Finisher.
Punkt 10 Uhr waren am Pfingstsamstag 66 Wanderer unter der Leitung der beiden Guides Wolfgang und Christian Blum am Restaurant Etna in Lorch gestartet. Mit dabei viele Wiederholungstäter, die in den letzten drei Jahren bei den 24-Stunden Rheinsteig pur Trails starteten. Zunächst begrüßte Wolfgang Blum Matthias Fußy, genannt Wandermatze, der just am Dienstag dieser Woche seinen 1.500 Kilometer langen Deutschland von Spiekeroog zur Zugspitze erfolgreich abgeschlossen hatte und nun den “Auslauf” bei den 24 Stunden am Rheinsteig genoss. Vor den Protagonisten lagen zwei anspruchsvolle Rheinsteig-Strecken, darunter die Königsetappe von Kaub nach St. Goarshausen, sowie nach der abendlichen Fährfahrt nach St. Goar (fast) drei RheinBurgenWeg-Etappen bis nach Niederheimbach. Zurück ging es von dort per Fähre zum Ausgangspunkt nach Lorch.
Das hochsommerliche Wetter verlangte den Teilnehmern einiges ab: Das Thermometer kletterte am Samstag auf weit über 30 Grad, nachts sank es nicht unter 15 Grad. Auf der Strecke vom Günderodehaus bei Oberwesel bis nach Bacharach liefen die Wanderer mit Stirnlampe, für faszinierende Lichtstimmungen auf dem Wasserspiegel des Rheins sorgte die Sichel des Halbmondes. Unterwegs wurden die Teilnehmer an vier Verpflegungsstationen versorgt.
Übrigens, ein Drittel der Wanderer kam aus dem Rheingau, ein weiteres aus dem Rhein-Main-Gebiet und Rheinland-Pfalz. Der Rest der Mittelrheintal-Fans reiste aus dem übrigen Bundesgebiet an. Abermals mit dabei Power-Horst, der mit 73 Lenzen als Hochgeschwindigkeitsläufer im Spitzentrupp die Schrittfrequenz vorgab – eine respektable und außergewöhnliche Leistung. Organisator Wolfgang Blum freute sich besonders, dass kein einziger Leistungssportler dabei war, sondern ausschließlich „Menschen wie du und ich“. Die Tour war bewusst als „Wandern auf hohem Niveau“ und nicht als sportliche Veranstaltung ausgeschrieben. Teamgeist statt Konkurrenz stand im Vordergrund.
Die Gruppe wurde während der 24 Stunden von zwei Rettungssanitätern begleitet, als unverzichtbare Unterstützer im Hintergrund fungierten Blums Ehefrau Ute und sein Sohn Constantin als bewährtes Familienteam. Dank Unterstützung externer Partner (Gutsschänke Däuwels Küch in Kaub (Pasta-Party am Mittag), Hof Leiselsfeld auf dem Loreleyplateau (Abendessen), das Team der katholischen Pfarrei Oberwesel (Mitternachtssuppe) Steeger Weinstube (Frühstück in der Mittelrheinhalle Bacharach) genossen die Protogonisten ein Rundum-Sorglospaket..
Bei der sektpflichtigen Siegesfeier in Lorch, wo die Finisher am Pfingstsonntag von Familienmitgliedern und Fans empfangen wurden, gab es für jeden eine Urkunde mit Gruppenfoto. Die Leiden der (Tor-)Tour waren schnell vergessen. „Man denkt, man könne Bäume ausreißen“, beschrieb eine Mitwanderin ihr Wohlgefühl. „Aber einen Freudentanz aufführen, das wäre jetzt nicht mehr drin“, fügte sie lachend an.
Die 24-Stunden-Wanderung bildete den zweiten Teil einer Trilogie, die Wolfgang Blum in diesem Jahr erstmals organisiert. Der Dreiklang begann in der Nacht von Ostersamstag auf Ostersonntag mit der 12-Stunden-Tour „Lange Nacht von 8 bis 8“. Dabei waren 55 Pilgerwanderer abends im Kloster Marienhausen auf dem Gelände des St. Vincenzstiftes in Aulhausen gestartet und bis Mitternacht nach Kloster Eberbach marschiert. Anschließend ging es auf der Route des geplanten Rheingauer Klostersteiges über Gottesthal, Vollrads, Johannisberg, Marienthal, Nothgottes und St. Hildegard zurück nach Aulhausen, wo die Pilgerwanderung mit einem gemeinsamen Osterfrühstück endete. Der dritte (und zugleich anspruchsvollste) Teil der Trilogie folgt am Wochenende von Fronleichnam: Dann startet Wolfgang die erste begleitete 36-Stunden-Wanderung Deutschlands. Sie führt von Wiesbaden-Biebrich auf dem gesamten hessischen Teil des Rheinsteiges bis ins rheinland-pfälzische Kaub. Für einige Teilnehmer, die auch am 36-Stundentrail in 14 Tagen teilnehmen, war die 24-Stunden-Veranstaltung dafür ein idealer warm-up. Egal ob nach 12, 24 oder 36 Stunden –, auf eines freuen sich hinterher ausnahmslos alle: Die Glückshormone fahren auch dann noch im Kopf Karussell, wenn der Körper schon längst ruht.
(Quelle Haupttext: Wolfgang Blum)
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